Geleitwort

von Bischof Dr. Hubert Luthe

zum Buch "Nikolaus Groß - Arbeiterführer, Widerstandskämpfer, Glaubenszeuge"

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Das Ruhrgebiet hat in den vergangenen zweihundert Jahren einen außerordentlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel erlebt. Hier entstand ein Ballungsraum mit Großstädten und Industrieanlagen wie in keiner anderen europäischen Region. Dieser Prozess hatte tiefgreifende Folgen für das menschliche Zusammenleben: für die Familie, für die Kultur, für die Religion.

Die katholische Kirche hat dabei mehr als andere gesellschaftliche Gruppen prägend und gestaltend auf diesen Vorgang Einfluss genommen. Erwähnt seien die vielen Gemeindegründungen sowie der Bau und Betrieb von sozialen und karitativen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Kindergärten und Schulen.

Die Kirche war hier also besonders stark in das soziale und politische Leben einbezogen. Viele Männer und Frauen, vor allem geformt und gefördert durch die katholischen Verbände und die Bildungsarbeit des Katholischen Volksvereins in Mönchengladbach, waren als aktive Katholiken auch Mandatsträger in den Parlamenten, Funktionäre in den Gewerkschaften und in vielen Einrichtungen tätig.

So überrascht es nicht, dass gerade katholische Laien das Anwachsen der nationalsozialistischen Bewegung mit großer Sorge und wachsender Skepsis verfolgten, früh die kirchenfeindliche Ideologie erkannten und sich mit ihr auseinandersetzten.

Eine herausragende Persönlichkeit dieser Zeit war der am 30. September 1898, also vor gut hundert Jahren, in Niederwenigern geborene Nikolaus Groß. Ein Bergmann und Gewerkschaftler, der dann später Chefredakteur der Ketteler Wacht, des Verbandsorgans der Katholischen Arbeiter Bewegung wurde.

Seinen Widerstand gegen das menschenfeindliche System des Nationalsozialismus bezahlte er mit dem Tod. Am 15. Januar 1945 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, wurde er am 23. Januar 1945 in Berlin Plötzensee hingerichtet. Viele Christen im Ruhrgebiet verehren ihn als einen christlichen Märtyrer. Der Heilige Vater Papst Johannes Paul II. wird Nikolaus Groß am 7. Oktober 2001 selig sprechen, eine große Ehre besonders für das Ruhrgebiet und die Katholische Arbeitnehmerbewegung.

Unser Bischöfliches Abendgymnasium trägt seit sechs Jahren seinen Namen und fühlt sich darum besonders verpflichtet, das kirchliche, soziale und politische Engagement dieses mutigen Glaubenszeugen weiten Kreisen bekannt zu machen.

Das geschieht in ausgezeichneter Weise durch das hier vorgelegte Arbeitsbuch zur Geschichte des politischen und sozialen Katholizismus im Ruhrgebiet 1927 1949. Ich danke den Herausgebern für diese Arbeit. Sie stellt nicht nur das Leben von Nikolaus Groß ausführlich dar, sie enthält auch wichtige Dokumente und Materialien aus der Zeit des Dritten Reiches, vor allem über die Auseinandersetzung zwischen der katholischen Kirche und dem Nationalsozialismus.

Methodisch und didaktisch gut aufbereitet, kann dieses Arbeitsbuch helfen, die Zeit des Dritten Reiches besser zu verstehen. Zugleich sollte es dazu beitragen, junge Menschen vor den politischen Verführungen der Gegenwart schützen.

+ Hubert Luthe


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