Kassiber vom 04.12.1944 an die Familie

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Kassiber 4.12.44

Heute früh erhielt ich: 1. Brief mit Karte der Mutter von ihrem Namenstage (1 Uhr nachts geschrieben) 2. Brief der Mutter vom 22.11.44 3. Wie schon an anderer Stelle vermerkt, einen Brief von Rektor Valks vom 15.11. 4. Eine Karte von Liesel vom 7. 11. 5. Einen langen, schönen Brief von Liesel vom 19.11. 6. Einen Brief von Alex vom 12.11. 7. Einen Brief von Alex mit zwei schönen Fotos vom 19. 11. Allen, allen herzlichen und innigen Dank. Wie gut sind doch die Kinder und die Freunde, sie vergessen uns nicht. Liebste Mutti, besonders innigen und treuen Dank an Dich. Ich bete für Dich immerfort. Vater.



Kassiber


1. Dir und Berny noch einmal aus tiefstem Herzen Dank für Euren Besuch. Gewiß viele Anstrengungen, die ich nicht erwarten und fordern durfte, aber die halbe Stunde Besuch wiegt Monate des Alleinseins auf.
2. Bitte sag in meinem Namen auch Dank an Frl. H., die alles so wohl vorbereitet und sich so große Mühe gegeben hat.
3. Ich habe - verzeihe es - nicht eingehend gefragt, wie es Dir ginge. Ich war dazu nicht in der Lage, weil mich die Frage zu tief aufwühlte.
4. Mir selbst geht es, wie Du Dich überzeugen konntest, gesundheitlich gut. Auch seelisch bin ich den Dingen gewachsen, darin weiß ich mich sicher.
5. Sei getrost: Ich habe die feste Überzeugung, daß mit mir alles gut auslaufen wird. Das ist keine billige Selbsttäuschung. Wir müssen nur Geduld haben und beten. Laß Dich unter keinen Umständen niederdrücken: Gott hilft uns, und eines Tages werden wir ihm alle vereint aus tiefstem Herzen für seine Hilfe danken.
6. Ich habe es hier besser als in Fürstenberg. Das ist nicht nur daher gesagt, sondern die reine Wahrheit. Von mir aus würde ich bis zum Ende meiner »Zeit« nicht von hier fort-wollen.
7. Bereite nach Möglichkeit den Kindern ein Weihnachtsfest in gewohnter, wenn auch bescheidener Weise. Laß die Kinder nicht entbehren, wenn Euch Großen das Herz nicht nach Fest und Feier steht.
8. Dr. Schulte, Domplatz 3, kann helfen mit Lebensmitteln für Onkel Buch. Schreibt ihm, ich bäte ihn darum. Wie steht es mit Michel und Hans in Bergheim? Können sie noch etwas tun?
9. Ihr müßt schaffen und arbeiten; ich begleite Euch für jede Stunde mit meinem Gebet. Es ist das Einzige und Beste, was ich für Euch tun kann
10. Grüße jeden: Kinder, Verwandte, Freunde und Bekannte. Opa herzl. Gruß zum Namenstag am 6.12.
11. Schicke mir umgehend die Brille und - wenn zu haben - einen Rasierpinsel, Rasierseife, weißes Nähgarn. Der Mantel ist natürlich längst hier.
12. Gottes Schutz für Euch alle. Meine Gedanken verfolgen Dich auf allen Wegen hier in B., auf der Heimreise und daheim bei unseren lieben Kindern. Erzähle ihnen alles und grüße sie.
13. Kannst Du etwa 20-30 Mark bei der Kasse der Anstalt für mich einzahlen? Ich hatte nur 15 Mark in der Tasche, als ich fortging, und wenn ich für Wäsche oder eine Repa-ratur einmal einen größeren Betrag zu zahlen habe, stehe ich ohne Guthaben. 20-30 Mark genügen.
14. Es ist Regel, daß wir jeden Sonntag einen Brief schreiben dürfen. Du kannst also an Hand der Sonntagsdaten nachprüfen, ob ein Brief ausgeblieben ist. Marken habe ich noch, auch Umschläge, nur die Bogen gehen zur Neige.
15. Aus einem über Euren Besuch überglücklichen Herzen danke ich Euch noch einmal. Es war gut, Berny mitzubringen. Glaube nicht, daß ich einsam bin; wer die Kraft und Macht des Gebetes kennt, ist nie allein. Ja, Gott gibt mir durch das Gebet viel Frieden und stille Herzensfreude. Darum ist es falsch, um mein Schicksal zu weinen und es zu bedauern. Laßt uns vielmehr im vereinten Gebet Gott danken und loben für alle Gaben des Leibes und der Seele. Er ist, darin bin ich nicht wankend zu machen, unser Schutz und Schirm, er wird uns alle erretten und wieder zusammenführen.
16. Diese Notizen sind für Dich, liebste Mutter, geschrieben in der Meinung, daß Du noch in B. bist. Auch im andern Falle hoffe ich, daß sie Dich erreichen.

Vater

B. 4.12.44

Schreibe an Valks, ich bekam heute einen langen und herzl. Brief vom ihm vom 15. November.


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