22. Januar 2012:

Gottesdienst in St. Barbara

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Bischof Dr. Josef Overbeck

In seiner Predigt in St. Barbara, Mülheim, am 22. Januar 2012 bezeichnete der Bischof von Essen, Dr. Franz-Josef Overbeck, Nikolaus Groß als einen Seligen, der den Menschen von heute ganz nah ist. Dabei ging er auf vier Lebensbereiche des Seligen ein:

  1. Auf die Welt der Arbeit und des Berufs: Nikolaus Groß ist Bergmann, ein Beruf, der diese Region über viele Jahre geprägt hat. Das Leben unter Tage, wo man sich aufeinander verlassen können muss, bestimmt seinen Lebensweg und seine Bindung an die Katholische Arbeitnehmerbewegung. Er wählt dann - nach persönlicher Weiterbildung - den Beruf des Journalisten, denn er erkennt die Macht des Wortes; sein Weg führt ihn in die Redaktion der Westdeutschen Arbeiterzeitung, die dann später in Kettelerwacht umbenannt wird. Auch in der heutigen Zeit wissen wir um die Macht des Wortes, im negativen wie im positiven Sinn.
  2. Nikolaus Groß ist ein Mann der Familie - in diesem Zusammenhang begrüßt der Bischof von Essen Bernhard Groß, den jüngsten Sohn von Nikolaus Groß - die Familie und die Gemeinschaft mit seiner Ehefrau Elisabeth und mit seinen sieben Kindern sind der Mittelpunkt seines Lebens. Auch heute ist die Familie von zentraler Bedeutung für jeden einzelnen von uns. Ohne Familie, ohne Bindung und ohne Fruchtbarkeit gibt es kein Leben für uns.
  3. Nikolaus Groß wird Politiker, um seine christlichen Grundüberzeugungen in der Öffentlichkeit zu vertreten. Auf der einen Seite ist die politische Arbeit durch den Kompromiss und das jeweils Machbare bestimmt, andererseits gibt es leitende Grundwerte und Grundprinzipien, die nicht zur Disposition stehen. Mit seinem Engagement in der Politik hat Nikolaus Groß zum Ausdruck gebracht, dass er bereit ist, Verantwortung für Andere zu übernehmen und dafür auch notwendigerweise alles "auf eine Karte zu setzen", wie er dies wie auch viele andere Politiker - etwa im Kreisauer Kreis - im Widerstand gegen Hitler auch getan hat.
  4. Der Glaube und das Leben mit der Kirche: Sie fassen die ersten drei Teilbereiche seines Lebens zusammen; der Glaube beruht nicht auf Leistung, er ist vielmehr ein Geschenk; er ist nicht Gegenstand von politischen Verhandlungen oder Kompromissen; das Festhalten am Glauben führt Nikolaus Groß in den Märtyrertod. Dies wird deutlich in dem Messgewand, das der Bischof in Mülheim trägt und das dem Seligen Nikolaus Groß gewidmet ist. Derjenige, der sein Leben in der Hingabe zu Gott führt, wird als Märtyrer zu einem victima, einem Opfer, um dann victor, Sieger zu sein.

Anschließend deutete der Bischof diese vier Perspektiven in Licht der Bedeutung des Sonntags:

Die vier unterschiedlichen Lebensbereiche des Seligen Nikolaus Groß können in ihren Auswirkungen auf unsere Lebenswirklichkeit in der Betrachtung des Sonntags sichtbar werden. Für alle Menschen, die arbeiten und damit auch Gerechtigkeit für Andere mit schaffen, ist dieser Tag ein wichtiger Tag der Ruhe. Die menschliche Arbeit ist auf Solidarität ausgerichtet, denn ein Mensch, der arbeitet, sorgt - auch durch die Steuern, die er für das Gemeinwohl leistet, für Menschen, die nicht in der Lage sind, ihr Brot zu verdienen. Aber die Arbeit ist nicht die Lebensform für alle Tage der Woche. Durch die Schöpfung ist der Sonntag als Tag der Erholung und des Miteinander bestimmt, der sich jeder Verzweckung entzieht. Dies gilt auch für die Globalisierung, in der die Heiligung des Sonntags in Frage gestellt wird. So sind alle Maßnahmen zur Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und zur Erweiterung der Arbeitszeiten auf den Sonntag auf den Prüfstand zu stellen. Sind sie wirklich notwendig und was verlieren wir, wenn wir den Sonntag in Frage stellen? Der Sonntag ist ein Tag, an dem Familien rund um ihren gemeinsamen Tisch miteinander ins Gespräch kommen können. Er bietet Zeit für die Begegnung und für das gemeinsame Gespräch. Der Tisch ist das Symbol für dieses Gespräch und für die Familie. Fehlt jemand an diesem Tisch, weil er/sie an diesem Tag arbeitet, ist die Gemeinschaft bedroht.
Wir wissen, dass vielen Kindern und Jugendlichen heute dieses Gespräch fehlt.
Für die Christen ist der Sonntag der Tag des eucharistischen Mahls, das die innerste Mitte unseres kirchlichen Lebens ist. Der Gottesdienst, die Sakramente und die Gemeinschaft sind mit der Feier dieses Tages aufs engste verbunden. In einer pluralen Gesellschaft ist dies das zentrale Erkennungszeichen der Kirche, das wir mit dem Schutz des Sonntags verbinden und erhalten müssen.

 

Das Leben des Seligen Nikolaus Groß vollzieht sich in den Bereichen "Arbeit, Familie, Politik und Glaube". Alle vier Aspekte verbinden sich mit dem Schutz des Sonntags. Menschen, die im christlichen Glauben ihre Mitte in Arbeit und Familie sehen, werden sich auch politisch engagieren, um christliche Werte zu schützen und zu erhalten.
Wenn wir wieder neu entdecken, dass der Sonntag unsere innere Mitte ist, dann sind wir - wie es bei dem Evangelisten Matthäus am Ende der Bergpredigt heißt 'wie ein Haus auf festem Fundament, das nicht auf Sand gebaut ist.'

Mitschrift der Predigt von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, zusammengestellt von Bernhard Nadorf, autorisiert von Bischof Dr. Overbeck

 

Ergänzende Information aus der Tafel in der Nikolaus Groß Kapelle im Dom zu Essen

"Am Sonntag muß sich zeigen, dass wir Menschen sind, die höhere Geschöpfe sind. Uns Menschen aber ist der Sonntag ein besonderer Tag. Er muss sich aus den anderen Tagen herausheben wie ein Berg aus der Ebene. Wie uns der Berg näher zum Himmel fährt, so muß uns der Sonntag näher zu Gott bringen."

Aus: Nikolaus Groß: Glaubenslehre

Oben: Der Gottesdienst am 22.01.2012 in St. Barbara

Bilder unten: Der Empfang der katholischen Stadtkirche in Mülheim

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