Wege des Lebens - Licht der Hoffnung - Zeugen des Glaubens

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Hintergrundinformationen zur Glaubensdemonstration der KAB

vom 26. September 2004 bis zum 7. Oktober 2004

Historischer Bezug

Am 13. Juli 1934 fand unter großer Beteiligung im Mainzer Dom eine "Kettelerfeier" statt, an deren Vorbereitung und Gestaltung der damalige Verbandsredakteur Nikolaus Groß beteiligt war. Die "Kettelerfeier" im Mainzer Dom war Bestandteil einer sog. "Glaubensfahrt", mit der die katholischen Arbeitervereine eine religiös fundierte Ausdrucksform ihres Widerstandes gegen den Nationalsozialismus entwickelten. Die Mitglieder der KAB verstanden diese und weitere "Glaubensfahrten" als "Glaubensmanifestationen" und damit durchaus auch als politische Demonstration, wohl wissend, dass die nationalsozialistischen Machthaber diese Absicht der KAB durchaus begriffen hatten.

Die "Kettelerfahrt" mit anschließender "Kettelerfeier" im Mainzer Dom gehörte zu den eindrucksvollsten politischen Wallfahrten ihrer Zeit. Einer der Mitorganisatoren, der frühere Verbandsvorsitzende der KAB, Bernhard Winkelheide, schrieb seine Erinnerung an den 13. Juli 1934 nieder: "…Der Beschluß, einen Leuchter für das Kettelergrab zu stiften…sollte ein Zeichen gegen die Mutlosigkeit, ein Zeichen der Hoffnung setzen. Gut eineinhalb Jahre hatten wir nach der Machtergreifung 1933 spüren können, wie unser Freiheitsraum enger wurde. …Ursprünglich war nur an eine schlichte Veranstaltung in kleinem Kreise gedacht. Aber mit elementarer Wucht bricht im ganzen Land der Wille durch, dabei zu sein. Das Ruhrgebiet will das Licht bringen, Münster es segnen lassen, Mainz es behüten und bewahren. …Nun treffen auch die Knappen mit dem Licht ein. Nach mehr als anderthalbstündiger Unterbrechung wird die Feier fortgesetzt. …Was da spontan an Hoffnung, Glaube, Liebe zum Ausdruck kam von den über 10.000 Betern, kann man nicht in Worte fassen. …Als der Bischof das Licht aus drei Bergmannslampen auf den Leuchter übertragen hatte, entzündeten sich fast 10.000 Kerzen, Lichter der Hoffnung und des Lebens."

Die Idee

Rund 70 Jahre nach der "Kettelerfeier" im Mainzer Dom wollen wir erinnern und anknüpfen an die Themen und Herausforderungen, die Nikolaus Groß und viele Mitstreiter aus der KAB bewogen und getragen haben in ihrem alltäglichen, politischem und religiösem Engagement.

Mit einer "Glaubensdemonstration" unter dem Motto: Wege des Lebens - Licht der Hoffnung - Zeugen des Glaubens wollen wir, in unserer Zeit, aber immer auch mit Bezug auf die "Orte und Mahnmale des Schreckens von Gewalt, Menschenverachtung und Hass", eine Route der (mittelbaren) Erinnerung gestalten und so auf ganz persönliche, aber auch immer beispielhafte Lebens- und Leidenswege aus der Zeit des Nationalsozialismus hinweisen.

An verschiedenen Stationen zwischen Xanten und Hattingen-Niederwenigern wollen wir auf Schicksale, Unrecht und Lebenswege hinweisen. Diese Stationen wollen wir verbinden mit konkreten Menschen, die sich in Etappen auf den Weg machen, damit die "Orte des Schreckens" verbunden werden mit einem Licht der Hoffnung und so heute, wie 1934, ein Zeugnis des Glaubens sichtbar und erfahrbar wird.

Unser Weg der Erinnerung wird (mittlerweile) durch eine Vielzahl von Orten bereichert, die ganz konkret auf Nikolaus Groß, sein Leben und Sterben, seine Bedeutung für die KAB hinweisen. Die Stationen auf dem Weg geben unserer "Glaubensdemonstration" die notwendige (Routen-) Struktur, - die Orte an dem Weg geben uns Beispiel und Motivation. Gerade in diesem Bereich sind die KAB-Vereine, Stadt- und Bezirksverbände gefordert und eingeladen unseren Weg der Erinnerung durch eigene, ergänzende Anlaufpunkte lokal zu verankern (Wichtig: Hier ist für die Durchführung der "Stafette" eine zahlreiche Beteiligung von KAB-Vereinen und KAB-Mitgliedern notwendig!)

Der jetzt geplante Weg durch das Ruhrgebiet (hier Teile der Bistümer Essen und Münster) zur Erinnerung an Nikolaus Groß und die "Kettelerfeier" vom 13.07.1934 ist eine erinnerungskulturelle Aktivität, die drei zentrale Zusammenhänge berücksichtigen muss:

  1. Wir erinnern in Form und Inhalt an die politische Dimension des Wirkens und Handelns der KAB in der Zeit des Nationalsozialismus.
  2. Wir verdeutlichen die Herausforderungen die Mitglieder der KAB, und hier exemplarisch Nikolaus Groß, bewogen haben Position zu beziehen und Widerstand zu leisten.
  3. Wir leisten einen Beitrag, der ein Element einer zukünftigen und verbandseigenen Verehrungskultur für Nikolaus Groß und die Märtyrer der KAB sein kann.

Als Stationen auf dem Weg werden im Folgenden konkrete Anlaufpunkte in den Städten Xanten, Voerde, Wesel, Duisburg, Oberhausen, Essen, Bottrop, Gladbeck, Gelsenkirchen, Bochum und Hattingen dargestellt. Dieser "Mix" stellt eine besondere Übersicht über "Orte und Anlässe des Schreckens" dar, ist historisch seriös belegt und bringt uns immer wieder auch konkrete Menschen und ihre Schicksale näher.

Stationen unserer Glaubensdemonstration

Die Reihenfolge der Stationen und damit die Grundroute der "Glaubensdemonstration" kann/muss/sollte noch konkret festgelegt werden. Die vorgeschlagenen Stationen sind so gewählt, dass immer auch die Möglichkeiten von lokalen Kooperationen realisiert werden können und unser Grundanliegen an den jeweiligen Standorten öffentlichkeitswirksam dargestellt werden kann.

Xanten Im Xantener Dom startet unsere Glaubensdemonstration am 26.09.04. Im Xantener Dom fand 1958 der erste Gedenk - gottesdienst für Nikolaus Groß und andere Opfer des Nationalsozialismus aus Reihen der KAB statt.
Voerde Im Akazienweg befindet sich das Nikolaus-Groß-Haus des Caritasverbandes Dinslaken. In der Eingangstür des NGH befindet sich eine bildhafte Darstellung von Nikolaus Groß.
  • Aktueller Bezug: Debatte um die Würde des Menschen in der heutigen Zeit.
Wesel In der Willibrordikirche, Ecke Nieder-/Pastor-Bölitz-Str. erinnert ein Mahnmal an die in der Reichspogromnacht niedergebrannte Synagoge.
  • Aktueller Bezug: Der jeweilige Mensch, ohne Ansehen von Religion, Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht steht im Mittelpunkt…
Duisburg Zur Erinnerung an das Schicksal russischer Zwangsarbeiter steht auf dem Friedhof Alt-Walsum ein Mahnmal. In Duisburger Industrieunternehmen waren in der damaligen Zeit, wie in anderen Städten auch, sog. "Fremdarbeiter" eingesetzt. Seit dem Frühjahr 1944 gab es z.B. bei der Duisburger-Kupferhütte, aber auch bei Mannesmann oder Thyssen, sog. "Erziehungslager", in die, auf Anordnung der Gestapo, Arbeiter eingewiesen wurden, um "die Bekämpfung des Arbeitsvertragsbruchs ausländischer Arbeitskräfte" ( Zitat aus einem Runderlass des Reichsführers SS vom 15.12.1942 ) organisiert in Angriff zu nehmen.
  • Aktueller Bezug: Gibt es heute noch Vernichtung durch Arbeit?
Am 02. Mai 1933 zerschlugen die Nazis im gesamten Deutschen Reich die freien Gewerkschaften. An diesem Tag wurden in Duisburg 22 führende Gewerkschafter verhaftet, vier von ihnen, Julius Birk, Michael Rentmeister und Johann Schlösser wurden in den Kellern des Gewerkschaftshauses erschlagen. Der Gewerkschafter und KAB-Sekretär Gottfried Könzgen wurde 1935 verhaftet. Er verstarb im März 1945 im KZ Mauthausen. Der Stadtverband der KAB Duisburg erinnert mit einem Gedenkstein an der Gottfried-Könzgen-Wohnanlage an seinen ehemaligen Sekretär.
  • Aktueller Bezug: Arbeitnehmerorganisationen weltweit geraten immer wieder unter Druck, wenn sie für Menschenwürde, Gerechtigkeit und gerechte Entlohnung kämpfen.
Oberhausen Der Jüdische Friedhof auf dem Westfriedhof Oberhausen-Lirich gibt mit seinen Grabsteinen Zeugnis über die jüdischen Familien Oberhausens, deren letzte Überlebende des Holocaust nach dem Krieg nicht mehr nach Deutschland zurückkehrten.
  • Aktueller Bezug: Krieg zerstört immer wieder gewachsene Kulturen und entstandenes Miteinander.
An der alten Kaplanei der Pfarrgemeinde St. Marien in der Elsa- Brandström-Straße 56 erinnert eine Plakette an den Priester Josef Roissaint(1902-1991). Er war von 1927-1932 Jugendkaplan in Oberhausen. 1928 trat er dem Friedensbund der Deutschen Katholiken bei. Als 1933 die konfessionellen Jugendverbände verboten wurden beteiligte er sich an Protestaufrufen, die auch von Oberhausener Jugendlichen in der Nacht im gesamten Stadtgebiet verbreitet wurden. Daraufhin wurde die Oberhausener Sturmscharführung verhaftet. Über das Verhör dieser und anderer Jugendlicher steht in den Gestapo Akten:" All diese jungen katholischen Zeugen stockten, schweigen in langen Zwischenräumen und sind alle darauf bedacht, nur ja nicht ihren Kaplan Dr, Roissaint zu belasten"Josef Roissant wurde 1937 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 11 Jahren Zuchthaus verurteilt.
  • Aktueller Bezug: Wo werden bis heute Kinder/Jugendliche Opfer politischer Verhältnisse?
Essen Am Haus des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Schützenbahn 11-13, erinnert eine Hinweistafel auf die Gleich - schaltung der Gewerkschaften von 1933.
  • Aktueller Bezug: Welchen Wert besitzen heute freie Gewerk - schaften und Arbeitnehmerorganisationen?
Gegenüber dem heutigen Finanzamt Essen Nord, am Salzmarkt, erläutert eine Hinweistafel die Rolle der Arbeitsverwaltung in der Zeit des Nationalsozialismus und macht deutlich, dass von diesem Standort aus zwischen 1939 und 1945 über 70.000 ausländische Frauen und Männer als Zwangsarbeiter "vermittelt" wurden.
  • Aktueller Bezug: Welche Bedeutung spielt "Zwangsarbeit" noch heute weltweit?
Die Unterkirche der Pax-Christi-Kirche, in Essen-Bergerhausen, Dinnendahlstraße, stellt eine einzigartige Form eines Denkmals gegen Gewalt und Krieg dar. Hier sind rund um den Altar und entlang der Kreuzwegstationen hunderte von Namen in die Bodenkacheln eingebrannt und mahnen zur Erinnerung.
  • Aktueller Bezug: Welchen Auftrag hat eine kirchliche Friedensbewegung heute?
Bottrop In der Tourneaustr. 11 befand sich bis 1938 das örtliche jüdische Bethaus. Nach langen Jahren des Vergessens geriet seine Geschichte wieder ans Tageslicht, als 1989 anlässlich einer Wohnungsauflösung in Bottrop ein Koffer mit jüdischer Literatur auftauchte, der offensichtlich von deportierten und ermordeten Bottroper Bürgern stammte.
  • Aktueller Bezug: Spurensuche: Wo ist uns ein Teil unserer "deutschen" Kultur abhanden gekommen?
Gladbeck In der Gelsenkirchener Stadtmitte erinnert die Namensbe - zeichnung einer S-Bahnstation und eine Stele auf dem Heinrich- König-Platz an das Leben und Wirken von Vikar Heinrich König, der als Priester in der Zeit des Nationalsozialismus versuchte örtliche Strukturen katholischer Verbandsarbeit (hier: Kolpingfamilie) zusammenzuhalten, dafür denunziert und ins KZ Dachau gebracht wurde, wo er am 24.06.1942 verstarb.
  • Aktueller Bezug: Verbandskatholizismus heute: Politischer Katholizismus?
An der Cranger Str. 323, zentral im Stadtteil Erle finden wir heute die "Dokumentationsstätte Gelsenkirchen im Nationalsozialismus". Das Gebäude in dem sich die Dokumentationsstätte befindet war nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten 1933 Standort der Ortsgruppenleitung der NSDAP, SA-Stützpunkt und Verhörstelle, in dem es auch zu Folterungen gekommen sein soll.
  • Aktueller Bezug: Gewaltenteilung als Grundvoraussetzung für Demokratie.
Bochum Eine Gedenktafel auf dem Dr.-Ruer-Platz in der Bochumer Fußgängerzone erinnert an Dr. Otto Ruer, der von 1925 - 1933 parteiloser Oberbürgermeister der Stadt Bochum war und von örtlichen Nazi-Verantwortlichen durch Haft und Verleumdung in den Selbstmord getrieben wurde.
  • Aktueller Bezug: Wie viel "Stärke" braucht Mann/Frau heute, um, wenn es darauf ankommt, auch einmal politisch "gegen den Strom zu schwimmen"?
Der Imbuschplatz im Norden Bochums ist nach dem früheren Vorsitzenden des Gewerkvereins Christlicher Bergarbeiter Deutschlands, Heinrich Imbusch benannt. Heinrich Imbusch musste 1933 emigrieren, kehrte 1942 "illegal" nach Deutschland zurück und arbeitete bis zu seinem Tod im Frühjahr 1945 von Essen aus im Widerstand.
  • Aktueller Bezug: "Gegenmacht" Gewerkschaften?
Niederwenigern Die Pfarrkirche St. Mauritius ist seit der Seligsprechung von Nikolaus Groß ein Ort besonderen Gedenkens und der Verehrung des Seligen. Hier wurde Nikolaus Groß getauft und getraut und hier befindet sich, neben dem Pfarrhaus, heute das Nikolaus-Groß-Haus, in dem Leben und Wirken des Seligen dokumentiert sind. Hier endet am 07. Oktober 2004 die "Glaubensdemonstration" der KAB.
  • Aktueller Bezug: Wo und wie fordert uns heute das Leben und Wirken des Seligen Nikolaus Groß heraus?

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