Veröffentlichung innerhalb einer Serie im RUHRWORT
Die Serie zum Thema "Nikolaus Groß - Journalist" wurde in der Zeit vom Juli 2001 bis zum Oktober 2001 im RUHRWORT veröffentlicht. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Schirmers in das Archiv aufgenommen.

Über einen "Helden im Gottesreich"

Einsatz für die Ausgestoßenen und Verbannten

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1937 verschärft sich der Druck auf die "Ketteler-Wacht". In einem Artikel hatte Nikolaus Groß den Nazis "Selbstvergottung" vorgeworfen und dafür im Oktober prompt einen scharfen Verweis erhalten: Der "Ketteler-Wacht" drohte das endgültige Aus. Vorsichtig, aber entschieden stemmt sich Groß weiter gegen das totalitäre Regime und den immer bedrohlicheren Militarismus. Einen Monat vor dem Einmarsch in Österreich nutzt er eine Buchbesprechung, um den Lesern das christliche Konzept eines "Helden" zu präsentieren - gegen jeden Missbrauch des Wortes durch die Nazis. Anlass ist das Buch "Priester der Verbannten" von Wilhelm Hünermann über Damian Deveuster (Tyrolia-Verlag, 1937). In der Rezension "Ein Held im Gottesreich" vom 5. Februar 1938 beschreibt Groß, wie sich Deveuster für die Leprakranken einsetzte. Der wahre Held opfere sich "für die von der menschlichen Gemeinschaft Ausgestoßenen, für die Verbannten". Geschrieben gegen ein Regime, das früh auf allen Ebenen mit dem "Ausstoßen" begann. - Hünermanns Buch wurde ein Klassiker mit elf Auflagen. Die letzte erschien 1994 zur Seligsprechung Damian Deveusters.

Martin Schirmers

Bischof Maigret von Honolulu weiht zwei Monate nach der Ankunft im fremden Land den jungen Missionar (Damian Deveuster, Anm.) und schickt ihn nach Puna; im Kampf gegen Unzucht, Aberglauben, Faulheit erzieht und erhebt er nach jahrelanger unsäglicher Mühe diese Menschen zum Christentum und zu geordnetem Leben - da bricht ein Mitbruder in der noch wilderen Nachbarmission zusammen.

Damian tauscht mit ihm; er verlässt die Stätte und das Werk, die ihm lieb geworden waren, wo er beinahe eine zweite irdische Heimat gefunden, und fängt auf dem steinigen Boden der Nachbarmission ganz von vorne an. Und als auch Kohala christlich ist, da entscheidet sich dieser flämische Priester zum letzten und größten Opfer: Er geht zu den Aussätzigen nach Molokai, der Todesinsel - für immer in die Verbannung.

Unter seiner Liebe und Hingabe verwandelt sich die Insel des Todes aus einer Hölle der Verstoßenen in einen Garten der Nächstenliebe. Unvorstellbar ist das Grauen und das Elend der Leprakranken, hoffnungslos und verzweifelt das Leben der Verbannten. In einem Heldenmut, der uns aufwühlt, bis in die tiefsten Fasern unserer Seele, bringt der Priester Damian Deveuster diesen von unsäglichen Schmerzen verzehrten und dem Tode geweihten Eingeborenen in einer Liebe, die ihr Beispiel nur am Heiland findet, alles dar.

Er verbindet ihre gräßlichen Wunden, er trägt ihnen, die vor Durst verbrennen, Wasser zu, er richtet ihr Schmerzenslager zurecht, baut ihnen neue Hütten, gründet ein Kranken- und Waisenhaus; er ist immer und überall, wo er durch die Kraft seiner Hände oder durch die Liebe seines Herzens zu helfen vermag.

An alle verschenkt er sich: an die Katholiken und die Heiden, an die Puritaner, an die Eingeborenen, die Weißen und die Gelben. Bis auch ihn inmitten des unvorstellbaren Grauens der Lepra, zwischen früher, hoffnungslosen Menschenruinen der Aussatz befällt und nach 15-jährigem Opferleben im Jahre 1889 sich sein Golgota erfüllt.

Erschüttert legt man dieses Buch aus der Hand. Es ist weit über alle üblichen Schilderungen und Darstellungen hinausgewachsen zu einem eindringlichen Zeugnis für christlichen Opfer- und Heldensinn. Ein Großer im Gottesreich auf Erden hat hier eine Gestaltung gefunden, die würdig ist des Lebens und der Opfer, die Damian Deveuster hingegeben hat für die von der menschlichen Gemeinschaft Ausgestoßenen, für die Verbannten von Molokai.

Nikolaus Groß
Ruhrwort, 29.09.2001

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