Veröffentlichung innerhalb einer Serie im RUHRWORT
Die Serie zum Thema "Nikolaus Groß - Journalist" wurde in der Zeit vom Juli 2001 bis zum Oktober 2001 im RUHRWORT veröffentlicht. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Schirmers in das Archiv aufgenommen.

Gefährliche Verwirrung religiöser Werte

Der Glaube an Gott geht vor Volk, Rasse, Heimat

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1935 wurde die WAZ umbenannt in "Ketteler Wacht" (KW). Mit der Titeländerung ging das Verbot einher, politische Artikel zu veröffentlichen. Nikolaus Groß musste sich auf religiöse Beiträge und kirchliche Nachrichten beschränken. Inhaltlich blieb er aber seiner Linie treu und suchte die geistige Auseinandersetzung mit der Ideologie des Nationalsozialismus. So wehrte er sich gegen den Propaganda- Vorwurf, der Katholizismus sei "undeutsch" Eine Redaktionslinie, mit der er die Leser immun machen wollte gegen den Nationalsozialismus. Ein Beispiel ist der KW-Artikel "Getrennte Wege" vom 18. April 1936: Die durch Austritte und Rücktritte ausgelöste Krise in der "Deutschen Glaubensbewegung", die den Nazis nahe stand, nutzte Nikolaus Groß zur Abrechnung mit einem Denken, das den Glauben und die NS-Ideologie (Volk, Rasse usw.) auf eine Stufe stellte. Es ging um die "Deutsche Glaubensbewegung", doch gemeint war der Nationalsozialismus.

Martin Schirmers

Man wird diese Vorgänge in der Deutschen Glaubensbewegung (Austritte, Anm.) mit Aufmerksamkeit verfolgen und ihre Auswirkungen, wie sie auch aussehen mögen, mit Spannung erwarten. Mit ihrer Geburt empfing sie den Keim der inneren Zersetzung. Sie erlebt das Schicksal aller sektiererischen Gemeinschaften, die mangels einer echten religiösen Substanz glauben, allein (oder doch hauptsächlich) vom negativen Kampf gegen das Christentum leben zu können. Der gegen das Christentum gerichtete zerstörerische Geist der Verneinung war bisher in ihr stärker als jedes andere. Die antichristliche Kampfrichtung der Deutschen Glaubensbewegung ist es nicht allein. Viel gefährlicher ist die Verwirrung und Säkularisation religiöser Werte und Begriffe, die sie verschuldet. Sie lehnt das christliche Dogma ab und erhebt gleichzeitig ihre deutsche Welt- und Gottschau zur Alleingültigkeit. Sie erklärt das Christentum für "artfremd" und darum unvereinbar mit echter deutscher Haltung. Man sollte in ihren eigenen Reihen nachdenklich werden, wenn selbst ihr bisheriger Führer, Graf Reventlow, sich gezwungen sieht, sie zu warnen, ihre persönlichen Vorstellungen von germanischer Art mit den geschichtlichen Formen deutschen Lebens und Glaubens gleichzusetzen.

Und wenn sie den Glauben an Volk, Rasse, Heimat und an die großen Gestalter deutschen Schicksals auf eine Wertstufe mit dem Glauben an Gott stellt, so ist bei allem Respekt vor einer ehrlichen anderen Überzeugung doch zu sagen, dass dem Christen der Glaube an Gott und an die ewigen christlichen Wahrheiten etwas wesenhaft anderes ist als der Glaube an Volk, Rasse und Heimat. Beide liegen auf zwei verschiedenen Ebenen, und man kann sie nicht gleich ordnen und miteinander verschmelzen - ebensowenig wie man die deutsche Münzeinheit "Mark" mit der Maßeinheit "Meter" verschmelzen kann. Zudem haben wir aber auch eine viel zu hohe Meinung von dem Begriff "Volk", als dass wir glauben möchten, er erhielte erst seinen vollen Wert durch eine Gleichsetzung, ja, eine stillschweigend unterstellte Identität mit dem Gottesbegriff.

Nikolaus Groß
Ruhrwort, 22.09.2001

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