Überreichung des Bundesverdienstkreuzes

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Die Überreichung des Bundesverdienstkreuzes durch Staatssekretär Dr. Hans Berger (1966)

Eine Frau aus dem Volke geehrt

Staatssekretär Dr. Berger überreichte Frau E. Groß das Bundesverdienstkreuz I. Klasse

"Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse an Frau Elisabeth Groß hat der Bundespräsident von seinem Initiativrecht Gebrauch gemacht. Diese Art der Ordensverleihung ist ungewöhnlich und geschieht nur in wenigen Ausnahmefällen. Sie ist um so kennzeichnender für die Persönlichkeit, die ausgezeichnet wird." Mit diesen Worten eröffnete Staatssekretär Dr. Hans Berger im Kölner Kettelerhaus eine Feierstunde zu Ehren von Frau Elisabeth Groß, der Witwe des in Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 hingerichteten Redakteurs der Ketteler Wacht, Nikolaus Groß. Staatssekretär Dr. Berger nahm die ungewöhnliche Verleihung zum Anlaß, auf das Leben der Geehrten einzugehen:

In Frau Groß hat der Bundespräsident eine Frau aus dem Volke geehrt. Eine Frau, die unter zunächst üblichen Umständen ihr Leben führt, aber schon in den frühen Ehejahren weithin auf den häufig abwesenden Mann verzichten und doch eine große Familie aufziehen muß. Als von 1933 an seine Existenz fragwürdig wurde, blieb Nikolaus Groß trotzdem seiner Aufgabe an der katholischen Arbeiterschaft treu, obschon - wie Dr. Berger aus eigenem Erleben sagen konnte - oft nicht mehr gesichert war, woher das Brot für den morgigen Tag kommen sollte. In diesen Jahren stand seine Frau ihm treu zur Seite, im Kampf mit den Sorgen des AlItags, in Treue zu seiner Berufung - bis hinein in die Jahre, wo der Kampf gegen Andersdenkende blutige Formen annahm.

In den Trümmern von 1945 blieb Frau Groß allein zurück. Allein mit der Sorge für eine große Familie mit noch kleinen Kindern. Und doch beschränkte sich ihr Sorgen nicht auf sie. Mit tätiger Hilfe diente sie weiter dem Werk, das ihr Mann in der katholische Arbeiterschaft geschaffen, blieb dem öffentlichen Leben verbunden, opferte Zeit und Kräfte - und blieb doch die schlichte Frau Groß, wie wir sie alle kennen."

Im Anschluß an die Ordensverleihung übermittelte Verbandsvorsitzender Bernhard Winkelheide in einer Ansprache die Glückwünsche und den Dank der KAB an Frau Groß. Ohne das Opfer der Männer und ihrer Frauen wäre unsere Bewegung nicht das, was sie heute ist." Bernhard Winkelheide überbrachte auch Grüße und Glückwünsche aus Bonn, besonders von den Bundesministern Dr. Krone und Hans Katzer;

Mit der Wärme jahrzehntelanger Verbundenheit gratulierte Betriebsratsvorsitzender Matthias Schmitz für die Mitarbeiter des Kölner Kettelerhauses. Viele hätten Frau Groß in jenen Jahren nicht verstanden, und sie hätte dieses Unverständnis oft bitter zu spüren bekommen, als sie damals von so manchen gemieden worden sei. Nach dem Kriege sei sie ihren "Sieben um einen Tisch" nicht nur Mutter, sondern auch Vater gewesen. Und so sei sie heute nicht einsam, denn aus den 7 sind inzwischen 40 geworden.

Frau Hanna Gerig, deren Mann ebenfalls durch den NS-Terror sein Leben verlor, überbrachte die Glückwünsche ihrer Familie und die des Bundes der Verfolgten des NS-Regimes. Die große Schar der Kinder und Schwiegerkinder, die Mitarbeiter des Kettelerhauses, persönliche Freunde und Bekannte und ein Vertreter der Pfarrgemeinde schlossen sich mit ihren Glückwünschen den offiziellen Sprechern an.

Alex Groß, einer der Söhne, dankte im Namen und Auftrag seiner Mutter dem Bundespräsidenten für die Auszeichnung, Staatssekretär Dr. Berger für die ehrenden Ausführungen, denen sie als Kinder noch manche ergänzenden Seiten anfügen könnten.

Ketteler Wacht Nr. 22/15.11. 1966


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