Brief vom 08.10.1944 an die Familie

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Nikolaus Groß

(1) Berlin-Tegel, den 8.10.44
Seidelstraße 39
Haus l

Nr. 1499
4/144

Allerliebste Mutti!
Ihr lieben, guten Kinder alle!

Eine unerwartete, dafür um so größere Sonntagsfreude ist die Erlaubnis, einen Brief schreiben zu dürfen. Du, liebe Mutter, und die Kinder werden die gleiche Freude haben, einen Brief von mir zu bekommen. Ich selbst bin ohne Post geblieben. Am 27.9. bekam ich in Fürstenberg den letzten Brief, er war von Alex. Seit dieser Zeit blieb ich ohne Nachricht. Weder habe ich von Fürstenberg Pakete noch Briefe nachgeschickt bekommen. Aber das kann nur eine Verzögerung sein, denn ich hatte dort noch Wäsche in der Reinigung, die ebenfalls nachgeschickt werden muß. Das ist auch zugesagt worden, es gilt also nur Geduld zu haben. Den Mantel allerdings hätte ich gern schon hier gehabt, ich hätte ihn gut gebrauchen können. Es ist doch merklich kühl, die Heizung noch nicht in Brand und den ganzen Tag ohne Mantel macht kalt. Aber eine gute Decke umgeschlagen hilft schon viel.
Mir geht es den Umständen nach zufriedenstellend. In die¬ser Woche hatte ich an einem Tage mit dem Magen zu tun - wohl als Folge einer leichten Erkältung - aber beides war am nächsten Tage vergessen und verloren. Hoffentlich wird das Paket mit dem Mantel nicht einfach nach Köln zurückgeschickt; dann müßtet Ihr es mir nach hier neu schicken.
Wie geht es bei Euch? Wie ich gelesen habe, war ein schwerer Angriff auf Köln. Hoffentlich war an diesem Tage niemand von Euch in Köln und ist dabei zu Schaden gekommen. Schreibt mir doch bitte in solchem Falle, wie überhaupt im Falle eines Angriffs wenigstens eine kurze Nachricht. Aber Berny muß doch in Köln gewesen sein, oder ist sie nicht mehr auf dem Carlswerk? Sie soll ihren Michael und seine Eltern grüßen. Wo Marianne beschäf¬tigt ist, bei wem Elisabeth ihr Pflichtjahr ableistet, das werde ich wohl erfahren, wenn die ausstehende Post ein¬trifft. Auch von Alex und über Bernhard hoffe ich dann zu hören. Ebenso über Klein-Leni und was Du, liebe Mutter, von Dir selbst zu sagen weißt. Ich brenne darauf, dieses alles zu hören und auch einige Fragen beantwortet zu sehen, die ich in früheren Briefen über Honorar, Gehalt usw. stellte. Bitte seid fleißig in der Antwort! Und seid fleißig im Gebet. Besonders im Rosenkranz¬monat. Die Königin des Rosenkranzes hilft viel. Und es muß viel geholfen werden. Gewiß werdet Ihr manche Kommunion aufgeopfert haben. Ich tue das gleiche für Euch. Nehmen wir uns vor, so das Äußerste füreinander zu tun. Ich bin in der Beziehung auf die Wirkung des Ge¬betes der festesten und tröstlichsten Zuversicht. Liebste Mutter! Immer wieder muß ich Dir sagen, mit welcher Innigkeit und Liebe ich an Dich denke. Eure Bilder, Deine und die der Kinder und das Soldatenbild von Klaus, stehen mir Tag und Nacht vor Augen und grüßen mich. Mit ihnen unterhalte ich mich, mit ihnen zusammen bete ich und es ist, als sei ich in Eurer lieben und mir so teuren Gemeinschaft. Du bist der Mittelpunkt dieser Ge¬meinschaft, liebe Mutter, und darum bin ich mit meinen Gedanken auch besonders bei Dir.
Grüße alle Kinder von Herzen: Berny, Marianne, Elisa¬beth, Alex, Bernhard u. Leni. Ein stilles Gedenken für Klaus. Grüße an Lene, meinen und Deinen Vater und Ge¬schwister. Wenn Du nach Köln kommst, Grüße an alle Bekannten und Nachbarn. Besonders herzlichen Gruß für Dich. Innigen Kuß und liebende Umarmung. In der Liebe, die wir gelobt, verbleibe ich Dein stets getreuer

Nikel.

Kannst Du an das Sparbuch heran? Ist die Sperre aufgeho¬ben? Commertz kann da sicher helfen. Schreibe bitte bald wieder. Wenn Du Geld brauchst, gehe zu Pötz, sage ihm, er möge Dir noch 500,-Mk Honorar geben. Er hat mir ja angeboten, weiteren Vorschuß zu geben in seinem letzten Briefe. Und ich werde ihm mit der alten und der neuen Schrift wohl sicher genug sein für weitere 500,- Mk. Oder schreibe ihm in diesem Sinne, wenn Du nicht hinfahren willst. Von Hans Thorr seiner Frau ist noch das Armband, von Therese Borgemeister die Armbanduhr in der Kas¬sette. Sie sollten in Reparatur, es kam aber nicht mehr dazu. Gebe beide Teile zurück.

Herzlichen Gruß

Vater.

Kannst Du an das Sparbuch heran? Ist die Sperre aufgeho¬ben? Commertz kann da sicher helfen. Schreibe bitte bald wieder. Wenn Du Geld brauchst, gehe zu Pötz, sage ihm, er möge Dir noch 500,-Mk Honorar geben. Er hat mir ja angeboten, weiteren Vorschuß zu geben in seinem letzten Briefe. Und ich werde ihm mit der alten und der neuen Schrift wohl sicher genug sein für weitere 500,- Mk. Oder schreibe ihm in diesem Sinne, wenn Du nicht hinfahren willst. Von Hans Thorr seiner Frau ist noch das Armband, von Therese Borgemeister die Armbanduhr in der Kas¬sette. Sie sollten in Reparatur, es kam aber nicht mehr dazu. Gebe beide Teile zurück.
Herzlichen Gruß

Vater.


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