Seligsprechung von sieben Frauen und Männern

[Zurück]

In einem feierlichen Gottesdienst auf dem sonnenüberfluteten Petersplatz in Rom hat Papst Johannes Paul II. am Sonntag, dem 7. Oktober, sieben Frauen und Männer selig gesprochen. Zu ihnen gehörten auch zwei Deutsche: Nikolaus Groß, geboren in Hattingen - Niederwenigern und die Clemensschwester Maria Euthymia Üffing, die aus Halverde - Hopsten im Münsterland stammt. Rund tausend Pilger aus dem Ruhrbistum waren zur Feier der Seligsprechung nach Rom gekommen.

Nikolaus Groß: Am Sonntag hat Papst Johannes Paul II. ihn und sechs weitere Männer und Frauen in Rom selig gesprochen. Ein unvergessliches Erlebnis für Pilger aus dem Ruhrbistum und aus aller Welt, die dabei waren. Viele bekamen feuchte Augen, als am Petersdom die Porträts der neuen Seligen enthüllt wurden. Als der Papst sagte: "Diese unsere verehrten Schwestern und Brüder, die jetzt zur Ehre der Altäre erhoben wurden, haben es verstanden. ihren unbeugsamen Glauben in Christus in außergewöhnliche Experimente der Gottesliebe und des Dienstes am Nächsten zu übersetzen."

Wer das mit frommen Herzen hörte, fragte sicher nicht: Wozu Selige, Heilige - in einer Zeit, in der doch weithin "Ikonen", Stars und Sternchen ganz anderer Art angehimmelt werden? Aber viele Menschen, und sie sind heute wohl in der Mehrzahl, stellen genau solche Fragen, und sie erwarten dann auch eine Antwort.

Nikolaus Groß ist eine Antwort, wenn auch keine leicht zu verstehende. Die regionale Nähe macht den Mann aus Niederwenigern, den die Nationalsozialisten ermordeten, zumindest in unseren Breiten zu einem der "Unseren". Auch die zeitliche Nähe sorgt dafür Groß lebte von 1898 bis 1945. Er war Laie. Er war verheiratet, hatte sieben Kinder. Und ging dennoch den Weg des Martyriums, unbeugsam wie einst ein heiliger Thomas Morus. Auch von ihm sagt die Chronik, er sei "ein Mann von überlegener Geistesschärfe, unerschrockenem Mut und großer Frömmigkeit" gewesen; auch er habe sich "eines glücklichen Familienlebens erfreut". Auch er hat Gott mehr gehorchen wollen als den Menschen und wurde geköpft.

Da liegen Schwierigkeiten des Verstehens. Fragen löst es immer wieder aus, dass Nikolaus Groß als Ehemann und Vater von sieben Kindern den Weg des Martyriums ging. "Vater, wohin gehst du?", rief fast symbolisch die Tochter Leni ihm nach, als die Gestapoleute ihn zu Hause abführten. In Rom haben Kinder und Enkel jetzt immer wieder davon erzählt, wie auch sie mit dieser Frage fertig werden mussten und wie ihre Mutter bzw. Großmutter selbst sie überzeugte: "Ich konnte garnicht anders, als den Weg meines Mannes mitzugehen."

Nicht nur die Verwandten hätten es gern gesehen, wenn Elisabeth Groß, die 1972 starb, zusammen mit ihrem Mann selig gesprochen worden wäre. Auch Bischof Hubert Luthe hätte es sich gewünscht. Wenige Tage vor dem 7. Oktober hatte er mit einer Delegation des Bistums am Grab der Elisabeth Groß in Köln "in Respekt vor der großen Frau" einen Kranz niedergelegt: "Ich war sehr bewegt, erschüttert. Das hat sich tief eingegraben", schildert der Bischof seine Empfindungen.

Selige, Heilige, die sollten doch wohl so etwas wie Stars sein, vermutete ein junger Mann auf dem Petersplatz. Doch Stars - Sterne - könnten ja nur leuchten, wenn sie angestrahlt werden, fügte er fragend hinzu. Im Leben des Nikolaus Groß muss nun wirklich nicht lange nach dieser "Lichtquelle" gesucht werden. Die besten Zeugnisse stammen gerade aus der Zeit seiner größten Not. Es sind die 23 Briefe, die er aus dem Todesgefängnis an seine Familie schrieb: Nur in zweien davon ist nicht die Rede von seinem Beten, von seiner Beziehung zu Gott. Und es gibt die eindrucksvollen Beobachtungen seines Gefängnisseelsorgers, der die tiefe Verwurzelung des Nikolaus Groß in Gott festhält: Er "war einer der Edelsten und Besten, dem ich hier begegnet bin. Wie oft habe ich ihn kniend vor seinem Zellenschemel gefunden, wenn ich unvermittelt seine Tür aufschloss. Es war ergreifend, mit welcher Ehrfurcht und Dankbarkeit und gläubiger Hingabe er die heilige Kommunion empfing..."

Nicht was einer leistete und welchen Erfolg er hatte, untersucht die Kirche in ihren Selig- und Heiligsprechungsverfahren gründlich, ja kleinlich, sondern aus welchem Geist jemand lebte und handelte, woher er seine Kraft nahm. Nikolaus Groß wuchs auf in einer Zeit, die dem Ersten Weltkrieg zutrieb; er war Journalist, als die Nazis Geistesgut verbrannten, dann Synagogen, dann Menschen. "Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen, wie sollen wir dann vor Gott und unserem Volk einmal bestehen, wenn wir jetzt nicht handeln?", hat er gefragt, und sein Leben und Sterben gaben die Antwort.

Verantwortung vor Gott und den Menschen: So steht es, in dieser Reihenfolge, auch in unserem Grundgesetz. Wer dem gerecht werden will, im Großen wie im Kleinen, kommt an einem Nikolaus Groß nicht vorbei. Gerade unsere Zeit, so hat es der Papst jetzt gesagt, braucht dringend überzeugte Christen, die den Mund aufmachen.

Ruhrwort 13.10.2001


[Zurück]