"Ich gedenke Prof. Dr. Benno Strauß"

Gedenkblatt

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Benno Strauß wurde am 30.Januar 1873 als Sohn des Kaufmanns Nathan Strauß und Babette Strauß, geb. Löwenhaar, in Fürth/Bayern geboren. Hier verbrachte er Kindheit und Jugend. Nach dem Besuch einer Lateinschule in Fürth wechselte er zum Realgymnasium in Nürnberg, welches er 1891 mit dem Reifezeugnis verließ. Anschließend studierte er Maschinenbau, Elektrotechnik und Physik an der Technischen Hochschule München. 1893 besuchte er die Universität Zürich, wo er 1896 zum Doktor der Philosophie promoviert wurde.

Gleich in diesem Jahr trat er in die Physikalische Abteilung der Firma Krupp in Essen ein und wurde 1899 deren Leiter sowie 1904 auch des chemischen Laboratoriums.

1917 wechselte Benno Strauß vom jüdischen zum christlichen Glauben und ließ sich in Wiesbaden evangelisch taufen.

Benno Strauß wurde zu einem der damals erfolgreichsten und international anerkannten Forscher auf dem Gebiet der Metallurgie. So erfand er z. B. zusammen mit seinem Assistenten Eduard Mauer den "Nirosta" Stahl (nichtrostender Chromnickel Stahl V2A) und führte bei Krupp das Hartmetall "Widia" ein. Der V2A Stahl wurde von Benno Strauß unter dem Decknamen Clemens Pascal 1912 zum Patent angemeldet, nachdem er bei Krupp 1910 erstmals geschmolzen wurde. Als 1914 der Nirosta Stahl in Malmö zum ersten Male auf der internationalen Industrieausstellung gezeigt wurde, erregte das neue Metall internationales Aufsehen. Der Erfinder Strauß blieb jedoch vorerst noch im Dunkeln., wenngleich er 1912 zum Königlich Preußischen Professor ernannt worden war. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde Strauß bekannter und vielerlei Ehrungen wurden ihm bezeugt. Nunmehr bekleidete er eine Dozentur in Münster, man verlieh ihm 1927 die Bunsenmedaille und das nordamerikanische Franklin-Institut in Philadelphia würdigte Strauß mit der Potts Medaille. Forscher aus aller Welt besuchten ihn bei Krupp und er hielt vielerlei persönliche Verbindungen zu führenden Köpfen in Wissenschaft und Industrie.

Am 14. Marz 1924 heiratete Strauß in zweiter Ehe seine Frau Gertrud, geb. Finkendey. Zwei Kinder gingen aus dieser Ehe hervor, Ingeborg, geb. 1925 und Edelgard, geb. 1930, ein Sohn aus erster Ehe war bereits gestorben. Die Familie lebte in der Alfredstraße 289.

Sicherlich auch auf Grund seiner hohen Reputation kündigte die Fa. Krupp ihren verdienten Forscher nach der Machtergreifung Hitlers erst zum 1.Januar 1935. Die Verabschiedung erfolgte noch mit einer damals für Mitarbeiter jüdischer Abstammung unüblich großen Feier, bei der man in Erinnerung rief, dass er zum Weltruhm der Firma maßgeblich beigetragen habe und als Abteilungsleiter ein "gerechter, wohlwollender und verständnisvoller Vorgesetzter" gewesen sei. Allerdings verkraftete Benno Strauß die vorzeitige Entlassung nur schwer, jedoch fühlte er sich, als die Repressionen des Nazi-Regimes ihn mehr und mehr betrafen, von Krupp geschützt. Außer der Pension, die man ihm bis zum 27.09.1944 zahlte, hatte er aber keine Verbindung mehr zur alten Firma. Menschen, die ihm einmal Achtung bezeugt hatten, gingen ihm aus dem Wege. Anlässlich des Pogroms am 9. November 1938 wurde Strauß verhaftet, und zwar vom 10.11. bis 16.11., und er musste sich danach bis zum 20.12. täglich bei der Polizei melden. Nach der Haftentlassung wurde eine Schüttellähmung der rechten Hand festgestellt. Während des Pogroms zogen Nazi Banden auch in Essen plündernd zu jüdischen Häusern. Sein ehemaliger Fahrer, der mit einer solchen Bande mitzog, hielt jedoch die Plünderer davon ab, die Wohnung Straußens zu stürmen. Allerdings schützte man ihn nicht mehr vor der Plünderung seines Vermögens durch die Gestapo im Jahre 1939. Wertgegenstände und Geschenke ausländischer Delegationen, die er als Leiter der Kruppschen Versuchsanstalten erhalten hatte, fielen der Plünderung zum Opfer. Schon am 27. Oktober 1938 musste Benno Strauß seinen Reisepass auf dem Polizeirevier in Bredeney abgeben. Seine Angehörigen drängten ihn, endlich einen Ruf auf eine Professur in den USA anzunehmen. Strauß zögerte den Ruf auch wegen seiner im Grunde deutsch nationalen Gesinnung heraus. Als er schließlich 1939 auf besondere Bitte seiner Frau die Professur annahm, war es zu spät, denn der Zweite Weltkrieg hatte gerade zwei Tage vorher begonnen. An eine Ausreise war nicht mehr zu denken.

Welche Aufmerksamkeit man Strauß in der Wissenschaft auch zu dieser Zeit schenkte, geht aus einem Brief des Eisenhütteninstituts Freiberg in Sachsen vom 4.11.1941 an die Gestapo in Essen hervor. In Freiberg hatte man angefragt, welcher Rassenzugehörigkeit Strauß sei, ob man ihn also noch zitieren könne. Dem Institut wurde mitgeteilt, dass jüdische Verfasser in wissenschaftlichen Dissertationen nur noch besonders gekennzeichnet werden dürften.

Im gleichen Jahr bezichtigte ihn die Gestapo der " Volks und Staatsfeindlichkeit" und erkundigt sich beim Finanzamt Essen über sein Vermögen. Eine weitere Demütigung blieb Strauß nicht erspart, denn er musste den Judenstern tragen, obwohl "er eine Mischehe führe", so lautet es in einem Schreiben der Gestapo von 1941.

Im September 1944 erreichte Benno Strauß ein Befehl, sich zur Zwangsarbeit bereitzuhalten. Man muss davon ausgehen, dass man vorhatte, ihn letztlich in ein Konzentrationslager abzutransportieren, denn seine Mitgenossen, die ihn auf dem Weg zur Zwangsarbeit begleiteten, kamen bis auf einen einzigen in Theresienstadt um. Am 18. September wurde Strauß von seiner Frau und der ältesten Tochter zum Essener Hauptbahnhof begleitet. Zusammen mit weiteren 70 jüdischen Männern deportierte man ihn in ein Lager nach Vorwohle bei Holzminden. Hier wurden sie in einem Rinderstall eines Amtshofes einquartiert. Auf Grund einer rapide fortschreitenden Erkrankung (wahrscheinlich eine Lungenentzündung) billigte man ihm noch zu, ein einzelnes Zimmer außerhalb des Lagers in Vorwohle zu beziehen.

Nur einige Tage später, am 27. September 1944, verstarb Benno Strauß. Seine Frau ließ seine sterblichen Überreste 1964 zum Friedhof in Essen Bredeney überführen. Ein Teil der ehemaligen Kruppstraße in Essen Frohnhausen wurde 1969 noch Benno Strauß benannt.

Nikolaus-Groß-Abendgymnasium Essen
Semester 6 - Januar 2001


Aufgabe:
  1. Gestalten Sie ein Gedenkblatt für eine jüdische Familie! Wenden Sie sich dazu an die ALTE SYNAGOGE (Essen):

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