Der Film "Ich klage an"

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Drehbuchsequenz aus dem Film

133. Bild: Beratung der Geschworenen mit dem vorsitzenden Richter nach der Zeugenvernehmung

Schlossermeister Rolfs: Ja, sagen Sie, wenn ich nu - und ich habe mein ganzes Leben Invalidenmarken geklebt - und nu werde ich eines Tages siech, dann bringen sie mich um?
Studienrat Schönbrunn: Aber um Gotteswillen! ... die wichtigste Voraussetzung wäre doch immer, daß es der Kranke will!
Rolfs: Das will doch mancher für den Augenblick.
Apotheker Hummel: Wenn nun einer geisteskrank ist, der will ja manchmal...
Studienrat Schönbrunn: Ja, wenn einer verrückt ist, oder schwermütig oder sonst keinen freien Willen mehr hat, da muß eben der Staat die Verantwortung übernehmen! Überhaupt dürfte das doch kein Arzt nach freiem Ermessen machen. Man müßte Kommissionen einsetzen aus Ärzten und Juristen, richtige Gerichtshöfe - aber man kann doch nicht länger zusehen, wie sich Tausende von Menschen, die in früheren Zeiten längst eines sanften Todes gestorben wären, heutzutage unter furchtbarsten Schmerzen jahrelang hinquälen müssen, bloß weil die Ärzte es fertigkriegen, ihr elendes Leben künstlich zu verlängern.
Bauer Zienicke, langsam: Gott will es. Er schickt das Leid, damit die Menschen seinem Kreuz nachfolgen und zu ewiger Seligkeit gelangen.
Major Döring: Mein lieber Herr Zienicke ... Ihr Christentum in allen Ehren ... ich bin selbst nicht ganz frei davon - aber für so grausam möchte ich den lieben Gott doch nicht halten.
Hegemeister Rehefeld: Meine Herren, wenn wir Förster ein Tier angeschossen haben, und es quält sich noch rum, dann geben wir ihm eine Gnadenkugel, und wer das nicht tut, der ist ein roher Kerl und kein ehrlicher Waidmann.
Rolfs: Aber das sind doch Tiere!
Rehefeld: Ne, nee, lassen Sie man! Der Mensch ist manchmal auch so ein angeschossenes Tier.
Vorsitzender Richter Griebelmeyer: Meine Herren, es ist zwar für einen Juristen außerordentlich interessant, was Sie da erörtern, aber so einfach doch wieder nicht. Wenn der Herr Studienrat dort rechtbehalten soll, daß man dem einzelnen das Recht zur Tötung nimmt, um es dem Staat zu übertragen - wie es ja bei allen Todesfragen geschieht - dann müßte man für diese ,medizinischen Gerichte' - will ich mal sagen - natürlich Gesetze erlassen."

Quelle: Karl Heinz Roth: Filmpropaganda für die Vernichtung der Geisteskranken und Behinderten im "Dritten Reich", in: Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik. Band 2, Berlin 1985, S. 162f

"Wie stellen Sie sich zur Tendenz des Films 'Ich klage an'?" - Diese Frage wurde 1942 in einer Abiturprüfung in Essen-Borbeck gestellt. Lesen Sie dazu die Ergebnisse zweier Schüler:

Klicken Sie für mehr zu diesem Thema Abituraufsätze

Aufgaben:
  1. Beschreiben Sie die Positionen der einzelnen Geschworenen zur Sterbehilfe unheilbar Kranker. Gliedern Sie nach befürwortenden und ablehnenden Haltungen zur Sterbehilfe.
  2. In welchen Fällen soll nach Ansicht einiger Geschworener die Euthanasie an Behinderten praktiziert werden?
  3. Wie soll die Euthanasie praktisch umgesetzt werden?

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