23. Januar 2005:

Predigt zum Gedenktag des Seligen Nikolaus Groß

[Zurück]

von Markus Pottbäcker während des Gottesdienstes in der Pfarrgemeinde "Seliger Nikolaus Groß", Bochum

Liebe Schwestern und Brüder,

passt das zusammen: Nikolaus Groß und der Weltjugendtag? Zugespitzter formuliert: Passen ein fröhliches Fest des Glaubens und ein brutal ermordeter Familienvater zusammen? Man kann natürlich alles so drehen und wenden, dass es passt. Darum kann es, wenn wir beides ernst nehmen, aber nicht gehen. Eine Antwort kann sich nur ergeben.

Lassen Sie mich deshalb damit ansetzen, indem ich den Weltjugendtag zu beschreiben versuche. Seit 1983 lädt Papst Johannes Paul II. die Jugend der Welt zu einem regelmäßigen Treffen ein. In diesem Jahr wird Köln der Austragungsort sein. Hunderttausende junge Menschen werden sich versammeln zu Gebet und Gottesdienst, zu Beichte und Gespräch, zu Katechesen und Meditationen, zu Festivals und Feiern, kurz gesagt, zu einem Fest des Glaubens! Es gibt wohl kaum ein lebendigeres und zugleich friedvolleres Treffen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Jedes Weltjugendtreffen steht unter einem Motto. In diesem Jahr hat der Papst uns die Aussage der drei Könige mitgegeben: "Wir sind gekommen, um ihn anzubeten" (Mt 2,2). Die ganzen Tage in Köln sollen Tage der Suche sein, orientiert am Vorbild der Hl. Drei Könige, zu denen es auch innerhalb dieser Tage einen Pilgerweg geben wird.

"Wir sind gekommen, um ihn anzubeten!" - das ist wahrlich kein O-Ton von jungen Menschen, kein Wort, das sie locker in alltäglichen Sprechzusammenhängen nutzen würden. Aber das sagt andererseits nichts darüber aus, dass es sich nicht lohnte, darüber nachzudenken. Die drei Könige sind rätselhafte Figuren. Nur bei Matthäus tauchen sie auf. Gedeutet wird ihre Erscheinung als ein deutliches und schon zu Anfang wichtiges Zeichen, dass Gott sich an alle Menschen, alle Völker mit seiner Botschaft des Heils wendet, und nicht nur an sein erwähltes Volk Israel. Beschrieben werden sie als Könige oder Sterndeuter oder Weise. Wo sie herkommen wird nicht gesagt, wohin sie zurückkehren ebenfalls nicht; nur, dass sie einen anderen Weg wählten, um Herodes nicht preisgeben zu müssen, wo der "neugeborene König der Juden" zu finden sei. Das Wichtigste an ihrer Begegnung mit dem Kind im Stall ist offensichtlich, dass sie kommen und wie und womit sie diesem Kind huldigen: Geheimnisvolle und symbolische Gaben bringen sie mit: Das kostbare Gold, den Weihrauch der Huldigung und das das Bitterkraut als Hinweis auf den Tod. Und sie taten auch tatsächlich das, was sie ankündigten: Sie fielen nieder, beteten an und huldigten dem Kinde. Es war nicht so dahergesagt. Mit "Anbetung" können viele von ihnen sicher noch etwas anfangen; vermutlich ist das bei jungen Menschen nicht mehr so. Schnell verbinden wir damit die eucharistische Form der Anbetung: Wir knien vor dem ausgesetzten Allerheiligsten in der Form der Eucharistie. Das ist eine - nach wie vor - wunderschöne Form des Gebetes. Aber Anbetung kann sich auch anders vollziehen. Ich will nicht alle möglichen Formen aufzählen. Ich möchte vielmehr ein weiteres Bild aus der Hl. Schrift heranziehen, das sehr deutlich macht, was Anbetung bedeutet. Im letzten Buch der Hl. Schrift, in der Geheimen Offenbarung, beschreibt der Seher, der auf der Insel Patmos im Exil lebt, Visionen und Träume, die er hat. Unter anderem sieht er den Thron Gottes und davor vierundzwanzig weitere Throne mit vierundzwanzig Ältesten darauf, die eine goldene Krone tragen. Wenn sie dann Gott ihre Huldigung erweisen, so werfen sie sich vor ihm nieder und legern ihre Kronen ihm zu Füßen mit den Worten: "Würdig bist Du, unser Herr und Gott, Herrlichkeit zu empfangen und Ehre und Macht. Denn Du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch Deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen!" (Off 4, 11)

Anbetung ist das Ablegen der eigenen Kronen. Ich finde, ein nicht nur passendes, sondern schönes Bild. Dabei muss man sich schon genau überlegen, wer denn wann und vor wem die Krone niederlegt. Die vierundzwanzig Ältesten beschreiben es: Vor dem, der die Welt geschaffen hat. Nur er ist würdig, ihre eigene Macht und Herrlichkeit und Ehre zu empfangen; nur ihm steht sie wirklich zu.

P. Alfred Delp, der Jesuit, der mit Nikolaus Groß zusammen im Gefängnis war und nur kurz nach ihm hingerichtet wurde, hat ein Wort gesagt, dass eine Brücke zu uns, zu den beiden Anliegen - Weltjugendtag und Gedenktag eines Märtyrers - schlägt: "Lieber im Stall anbeten als auf dem Throne erschrecken!"

Der Weltjugendtag ist kein Instrument römischer Moraldisziplinierung der Jugend. Der Weltjugendtag will junge Menschen untereinander in Kontakt bringen und miteinander mit Gott; mit dem Gott, der verheisst, dass das Leben mit ihm gesichert ist und ohne ihn wie ein Haus ist, das zusammenstürzen wird. Ein Leben mit Gott, das ist ein Leben mit einer Rückversicherung, die nichts kostet und die dennoch in allen Schadensfällen eintritt! Gott bietet sich an, zu jeder Zeit da zu sein, in Freude und Glück ebenso, wie in Leid, Schmerz, Trauer und Verzweiflung.

Der Weltjugendtag ermutigt, diesen Gott zu suchen und zu finden in Jesus Christus, der Mensch wurde. Gott ist kein ‚Erschrecker' vom Throne herab, sondern einer, der in den Stall geht, wenn es denn anders mit seiner Menschwerdung nicht klappt. Ein Nikolaus Groß hat das gewusst. Nur aus diesem Grunde, nur weil er wusste, dass Gott wirklich Liebe ist - für ihn, für sein Familie, ja letztlich auch für alle Täter und auch seinen Henker, deshalb konnte er diesen schrecklichen Weg in den Tod gehen! "Wohin gehst Du?" - war die letzte Frage aus der Familie, die er hörte und die ihn noch bis an sein Lebensende offensichtlich beschäftigte. Natürlich leben wir - Gott sei es gedankt - in anderen Zusammenhängen. Dennoch - eine solche Frage ist auch für uns zur Orientierung gut und hilfreich! "Wohin gehst Du?" - nicht auf jetzt und gleich gemeint, sondern eher als große Frage des Lebens. Nikolaus Groß konnte glauben, dass er zu Gott geht. Die Drei Könige wussten zu sagen, dass sie unterwegs waren, um IHN anzubeten.

Wohin gehst Du?


Lesen Sie dazu auch einen Bericht der Jugend im Bistum Essen:

Klicken Sie für mehr zu diesem Thema Bericht von der katholischen Jugend im Bistum Essen

[Zurück]