WAZ-Artikel vom 29.03.2004:

"Auch heute noch sollte es Widerstandskämpfer geben"

Nikolaus-Groß-Plakette erinnert in Walsum an den ermordeten Journalisten

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Vom Arbeiter "unter Tage" zum Journalisten, vom Journalisten zum Widertandskämpfer: Katholik Nikolaus Groß wurde im Nazi-Regime wegen seines Glaubens erhängt. Eine Gedächtnisplakette des Künstlers Egino Weinert hängt nun zu seinen Ehren in der Gemeinde St. Ludgerus.

Die Plakette ist aus Bronze. Sie zeigt einen Mann, wie er mit einem Stift ein Blatt Papier beschreibt. Sein Kopf ist an einem Galgen befestigt. Unter ihm befinden sich seine Frau und seine sieben Kinder. Über ihm hängen Hammer und Kreuz, die Zeichen der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB), der er angehörte. Und in großen Lettern steht geschrieben: Nikolaus Groß.

Dieser Mann, der von Papst Johannes Paul 11.2001 selig gesprochen wurde, ließ sein Leben wegen seiner christlichen Grundwerte. Für ihn galt, "dass man Gott mehr gehorchen muss als den Menschen". Als Chefredakteur der Westdeutschen Arbeiterzeitung, dem Organ der KAB, lehnte sich der einstige Schlepper und Kohlenhauer schon vor der Machtergreifung Hitlers gegen die Nationalsozialisten auf. "Todfeinde des heutigen Staates" nannte er sie. Ab 1933 bekämpfte er das Regime "zwischen den Zeilen und erhielt fünf Jahre später Berufsverbot. Er blieb jedoch in Opposition - und den braunen Machthabern ein Dorn im Auge.

Wenige Tage nach dem Attentat auf Hitler 1944 wurde er festgenommen. Obwohl keine Verbindung zum Attentat aufzuweisen war, erging drei Monate vor Kriegsende das Todesurteil. Der Richterspruch: "Er schwamm mit im Verrat, muss folglich auch darin ertrinken."

Heinz-Georg Nühlen, erster Vorsitzender in der KAB-Walsum, war es "ein Anliegen, Nikolaus Groß ein Denkmal zu setzen". Diakon Bernhard Groß, der die Plakette in St. Ludgerus einweihte, erinnert sich noch heute an seinen Vater: "Er war ein ruhiger, verschlossener Mann. In seiner Erziehung war er streng, aber gerecht."

Als ihn die Nazis holten, informierte seine Mutter ihn und seine Geschwister. Bernhard war damals zehn Jahre alt. Erst durch einen Freund in Berlin erfuhr die Familie vom Tod des Vaters. "Wir haben unser Leid mit Millionen anderen Kindern geteilt. Unser Glauben und Gottvertrauen hat uns aber befreit."

Bernhard Groß will das Erbe seines Vaters als Katholik heute weitertragen. "Menschen müssen für ihre Grundwerte und die Wahrheit kämpfen", sagte er. "Auch heute noch sollte es Widerstandskämpfer geben." Groß fordert "Widerstand gegen den von der Gesellschaft geförderten Familienzerfall und soziale Gerechtigkeit im Sinne der Umverteilung des Reichtums auf alle."

Ramon Mirfendereski, WAZ 29.03.2004


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