Artikel aus dem Ruhrwort vom 17. Januar 2003:

Protest gegen den Zeitgeist

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"Ruhrkaplan" Klinkhammer würde 100

Ob als Ruhrkaplan in Altenessen oder als einflussreicher Kanzelredner, Schifferseelsorger oder Sanitätssoldat - Carl Klinkhammer (1903-1997) ging Zeit seines Lebens gegen den Zeitgeist an, wenn er sich mit seinen christlichen Vorstellungen nicht vertrug. Am 22. Januar würde er 100 Jahre alt. In Altenessen, St. Johann, findet an diesem Abend um 19 Uhr ein Gedenkgottesdienst statt, dabei wird eine Erinnerungstafel enthüllt. Nach der Messe spricht der Klinkhammer-Biograf Dr. Bruno Kammann über "Carl Klinkhammer zwischen Rebellion und Gehorsam".

Der gebürtige Aachener Klinkhammer wurde 1929 in Köln geweiht. 1933 Kaplan in Altenessen, wurde er aus der Kirche heraus wegen einer früheren Predigt verhaftet. In Haft war er mehrfach, wurde aber immer wieder freigelassen. Weitere Stellen hatte er im Erzbistum Köln, nahe Augsburg und im Bistum Speyer. Nach Kriegseinsatz und Gefangenschaft war Klinkhammer kurz Kaplan am Bonner Münster, von 1947 bis 1991 dann Pfarrer in Düsseldorf.

In Altenessen zunächst als "dat Kaplänchen" nicht ganz ernst genommen, setzte sich Klinkhammer mit der Situation der Arbeiter auseinander und war bald als "Ruhrkaplan" bekannt. Schon am 1. Mai 1932 warnte er sowohl vor dem Nationalsozialismus als auch vor dem Kommunismus: "Das Christuskreuz muss an Stelle des Hakenkreuzes und der Betlehemstern an Stelle des Sowjetsterns stehen", formulierte er eindeutig. Im April 1933 titulierten ihn die Nazis als "feurigen Redner". Im gleichen Monat nahmen sie ihn als ersten katholischen Geistlichen in "Schutzhaft". Nachdem der Essener Stadtdechant der Polizei versprochen hatte, jede öffentliche Bestätigung Klinkhammers zu verbieten, wurde der Kaplan freigelassen. 1937 und 1938 musste er "wegen Kanzelmissbrauchs" erneut ins Gefängnis. Nach 1945 legte sich Klinkhammer wieder mit dem Zeitgeist an. Er protestierte 1951 vehement gegen den Film "Die Sünderin" - vor allem wegen der Verherrlichung von Euthanasie und Selbstmord. Der lautstarke Protest, bei dem auch Stinkbomben geworfen wurden, führte zu einem Prozess gegen Klinkhammer und sechs weitere Demonstranten. Nach juristischem Tauziehen bis hin zum Bundesgerichtshof wurde das Verfahren zuletzt vor dem Landgericht Düsseldorf eingestellt.

Biograf Bruno Kammann verweist auf eine eher unbekannte Seite des kämpferischen Pfarrers:

Klinkhammer sei ein Ökumeniker. Aufgerufen durch das Zweite Vatikanum, trieb er energisch das Gespräch mit der evangelischen und der orthodoxen Kirche voran.

Abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion des Ruhrwort (17.01.2003)


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