Veröffentlichung innerhalb einer Serie im RUHRWORT
Die Serie zum Thema "Nikolaus Groß - Journalist" wurde in der Zeit vom Juli 2001 bis zum Oktober 2001 im RUHRWORT veröffentlicht. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Schirmers in das Archiv aufgenommen.

"Weltanschauung und Leben"

Tiefer Friede, gerechte Ordnung

[Zurück]

Am 12. Februar 1938 veröffentlicht Nikolaus Groß auf der Titelseite der "Ketteler-Wacht" (KW) den Leitartikel "Weltanschauung und Leben" des Kölner Gymnasiallehrers Heinrich Holzapfel. Ein Text, der stark von Nikolaus Groß redigiert wurde, wie die Historikerin Dr. Vera Bücker urteilt. Als Chefredakteur musste Groß auch die Folgen tragen: Streng logisch, wie in einer scholastischen Frage-und-Antwort-Argumentation, entzieht Holzapfel dem Nazi-Totalitarismus den Boden - ohne ihn namentlich zu erwähnen. Damit liegt er auf der Linie von Nikolaus Groß, der in seinen Artikeln wiederholt die "Selbstvergottung" der Nazis demaskiert hatte. Die Antwort auf den Leitartikel blieb nicht aus: Am 14. März spricht die Gestapo "im Einvernehmen" mit dem Propaganda-Ministerium ein unbefristetes Verbot für die Ketteler-Wacht aus. Im August kann Groß noch einmal eine Aufhebung erreichen, doch schon im November ist endgültig Schluss. Gemessen an den kritischen Artikeln erscheint der Anlass für das Verbot wie eine Lappalie: 30 KW-Exemplaren in Düsseldorf-Oberbilk (Gesamtauflage: 81 000) lagen Einladungen zu dem Eucharistischen Weltkongress in Budapest bei. Nikolaus Groß hatte vor diesen Beilagen gewarnt, er wollte die KW nicht gefährden: Die Teilnahme am Kongress war Katholiken verboten. Nach dem Verbot bringt Groß noch bis 1941 Kleinschriften heraus. Danach kann er nicht mehr publizieren: Die Papierzuteilung wird gestrichen.

Martin Schirmers

Es ist eine Tatsache, dass uns in der Menschheit nicht nur eine einzige, sondern eine Vielzahl von Weltanschauungen begegnet. Der Christ, der um diese Vielzahl der Weltanschauungen weiß und der überdies erkennt, dass diese Weltanschauungen sich in wesentlichen Punkten so stark unterscheiden, dass zwei von ihnen sich gegenseitig ausschließen, wird sich doch fragen: Welche von diesen Weltanschauungen ist denn die wahre? Gibt es überhaupt eine wahre unter ihnen?

Da nun aber die Aussagen einer Weltanschauung nicht in einer Weise wissenschaftlich bewiesen werden können, wie man etwa eine mathematische oder geschichtliche Tatsache wissenschaftlich beweist, so ergibt sich die Frage: Welches ist denn für uns das Erkennungszeichen für die Wahrheit weltanschaulicher Aussagen? Hierauf antworten wir: Das Erkennungszeichen für die Wahrheit einer Weltanschauung, für die Wahrheit weltanschaulicher Aussagen ist - das Leben. Nur diejenige Weltanschauung ist wahr, die vor dem Leben besteht. Gibt es nun - so fragen wir weiter - eine Weltanschauung, die dieses Erkennungszeichen aufweist, die also "vor dem Leben besteht"?

Ja, es gibt eine solche, und zwar ist dies für uns die christliche Weltanschauung. Uns Christen ist es eine Gewissheit, dass sie die wahre ist, weil wir wissen dass die religiösen Lehren, die ihr zu Grunde liegen, von Gott geoffenbart sind.

Für die Menschen, die diesen Glauben nicht besitzen, kann nur das Leben das Erkennungszeichen für die Wahrheit unserer Weltanschauung sein... Denn es bedeutet viel für eine Weltanschauung, wenn von ihr mit Recht behauptet werden kann: Unter der Bedingung, dass alle Menschen sich zu ihr bekennen und nach ihr leben, wird das Leben der Menschheit bis ins Letzte sinnvoll und menschenwürdig sein.

Warum bedeutet dies viel für eine Weltanschauung? Weil es sicher nicht von jeder mit gleichem Recht gesagt werden kann. Weil es zum Beispiel ganz unmöglich ist zu sagen: Wenn alle Menschen kommunistisch wären und kommunistisch lebten, dann würde tiefer Friede und gerechte Ordnung in der Welt herrschen.

Dass dies unmöglich ist, ergibt sich sofort, wenn man das Wesen der kommunistischen Weltanschauung mit dem Wesen der Welt des Lebens, der menschlichen Natur vergleicht. Wir müssen also verschiedene Weltanschauungen, wenn wir ihren Wert gegeneinander abschätzen wollen, in erster Linie inhaltlich miteinander vergleichen...

Heinrich Holzapfel
Ruhrwort, 06.10.2001

[Zum nächsten Beitrag]

[Zurück zur Übersicht]