Veröffentlichung innerhalb einer Serie im RUHRWORT
Die Serie zum Thema "Nikolaus Groß - Journalist" wurde in der Zeit vom Juli 2001 bis zum Oktober 2001 im RUHRWORT veröffentlicht. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Schirmers in das Archiv aufgenommen.

RW-Serie "Nikolaus Groß - Journalist"

Jägerlatein der Nazis

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Frühjahr 1932: Reichspräsident Paul von Hindenburg, seit 1925 im Amt, stellt sich zur Wiederwahl. Am 13. März verfehlt er aber im ersten Wahlgang gegen Kandidaten wie Adolf Hitler (NSDAP) und Ernst Thälmann (KPD) knapp die Mehrheit. Angetreten, wenn auch ohne Chancen, war ferner Theodor Duesterberg vom "Stahlhelm", dem Bund der Frontsoldaten. Vor dem entscheidenden zweiten Wahlgang am 10. April, den Hindenburg mit 53 Prozent gewann, bezieht Nikolaus Groß (ng) Position: In seinem Artikel "Nationalsozialistisches Jägerlatein" in der Westdeutschen Arbeiter-Zeitung vom 2. April glossiert er vollmundige Ankündigungen und "Prophezeiungen" der Nazis, die sich bislang als falsch erwiesen haben und gibt sie so der Lächerlichkeit preis. Schließlich soll der Leser in den Wahlen seine Stimme nicht für den "falschen Propheten Hitler" abgeben, sondern für Hindenburg.

Martin Schirmers

Im Berliner Sportpalast verkündete der wortgewaltige "Heimatkrieger" Goebbels am 22. Februar 1932:

"Hitler wird unser Reichspräsident! Ich weiß wohl, dass ihr mich verstehen werdet, wenn ich sage: Hitler wird unser Reichspräsident und nicht unser Kandidat. Wenn ich sage, er wird unser Kandidat, dann weiß ich auch, dass er unser Reichspräsident wird."

"Held" Goebbels hat vorbeiprophezeit. Hitler ist weder Reichspräsident geworden, noch wird er es im zweiten Wahlgang werden.

Hitler hat dann auch, vorsichtig geworden, den Tag des Umbruchs des "Dritten Reiches" auf das Jahr 1942 verschoben. In Weimar hat er seinen "Mannen" am 15. März d. J. erklärt: "Der Kampf geht so lange weiter, bis die Parteien des gegenwärtigen Systems am Boden liegen! Gleichgültig, ob der Tag des Sieges morgen kommt oder in 10 Jahren."

Hm...! Wir hatten uns die Sache ein bisschen fixer gedacht. Wenn wir nicht irren, dann hatte der damalige Parteiführer Hitler bereits im Dezember 1930 angekündigt, "dass er in spätestens drei Monaten an der Macht sei".

Aber damals war Adolf Hitler auch noch kein Regierungsrat. Vielleicht ist bei ihm mit dem Amt auch der Verstand gekommen. Es wäre ihm zu wünschen! Nun, da Hitler für die Vertagung ist, passt auch die Voraussage des "Westdeutschen Beobachters" Nr. 7 vom 9. Januar 1932 nicht mehr. Er hatte nämlich behauptet:

"Schon vor zwei Jahren hat Adolf Hitler mit dem sicheren Instinkt des Staatsmannes die Vollendung seines Werkes im Frühjahr 1932 vorausgesagt."

Wenn das "Dritte Reich" jetzt nicht kommt, dann ist es also auch wohl nichts mit dem "sicheren Instinkt des Staatsmannes". Na ja! Dafür hat aber Adolf Hitler in Weimar am 15. März d. J. nach dem "Westdeutschen Beobachter" Nr. 58 zugesagt, "dass es für ihn auch in Zukunft keinen Tag ohne Kampf geben werde. Man müsse ihn töten, wenn man ihn von seinen Gegnern losbringen wolle."

Eigentlich hatte man sich das bei Hitlers so schön ausgedacht. "Der Alte Dessauer", der sich als "das Kampfblatt Duesterbergs" bezeichnet, gibt in seiner Nr. 11 vom 5. März, also vor der Reichspräsidentenwahl, den Inhalt einer Verhandlung der Stahlhelm-Bundesführer mit dem Bevollmächtigten Adolf Hitlers wieder. Der Bevollmächtigte Hitlers hat dem Stahlhelm erklärt, "dass Hitler ja nicht nur die Reichspräsidentschaft erstrebe, sondern die gesamte Staatsführung. Infolgedessen wolle er, wenn er gewählt würde, die Stelle des Reichskanzlers nicht mit dem vielleicht begabtesten, sondern mit dem ihm am besten zur Hand gehenden Parteigänger besetzen, ebenso das Reichswehr- wie das Reichsinnenministerium."

Nanu! Dass Hitler nicht den "Begabtesten" nimmt, ist noch verständlich. Er müsste sich zu lange beim Suchen aufhalten, um einen "Begabten" zu finden. Aber dass sein Bevollmächtigter erklärt, Hitler würde nur "den ihm am besten zur Hand gehenden Parteigänger" zum Kanzler machen und gleicherweise auch das Reichswehr- und Reichsinnenministerium besetzen, das sieht doch ganz nach "Parteibuchbeamten" und "System" aus...

Keine Stimme dem falschen Propheten Hitler! Jede Stimme für Hindenburg!

Nikolaus Groß
Ruhrwort, 25.08.2001

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