Veröffentlichung innerhalb einer Serie im RUHRWORT
Die Serie zum Thema "Nikolaus Groß - Journalist" wurde in der Zeit vom Juli 2001 bis zum Oktober 2001 im RUHRWORT veröffentlicht. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung von Herrn Martin Schirmers in das Archiv aufgenommen.

Der Kampf gegen die Nazis war für den Journalisten Nikolaus Groß "das" Thema

In der Treue zum Glauben bestärken

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Wenn am 7. Oktober Nikolaus Groß (1898 bis 1945) in Rom feierlich selig gesprochen wird, dann ehrt die Kirche mit ihm einen Mann, der sich auch als Journalist und Publizist gegen den totalitären Anspruch des Nationalsozialismus gestellt hat. Je länger die Nazi-Diktatur dauerte und je mehr sie die Menschen und alle Lebensbereiche einschließlich der konfessionellen Presse drangsalierte, desto mehr erkannte Nikolaus Groß, dass eine Koexistenz von Christentum und dem Regime unmöglich war. Als ihm die publizistische Auseinandersetzung mit den Nazis nicht mehr möglich war, sah er es als seine Pflicht an, im zivilen Widerstand für die Beseitigung des Regimes zu kämpfen. Eine Glaubensverkündigung, die ihre ethischen Maßstäbe aufgab, beschränkt war auf reine Innerlichkeit, das war für ihn undenkbar. So gesehen ergab sich die Verteidigung menschlicher Grundrechte für Groß aus seinem Verständnis des christlichen Glaubens.

Als Nikolaus Groß am 1. Januar 1927 in die Redaktion der "Westdeutschen Arbeiter-Zeitung" (WAZ), der Verbandszeitschrift der Arbeiter- und Knappenvereine, eintrat, hatte er acht Jahre Berufserfahrung auf einem Walzwerk und im Bergbau hinter sich. Hinzu kam seit 1920 die hauptamtliche Arbeit im Gewerkverein christlicher Bergarbeiter. Autodidaktische Fortbildung und zahlreiche Schulungen erweiterten den Horizont. Das journalistische Handwerkszeug erlernte Groß 1921 als Hilfsredakteur beim "Bergknappen" in Essen, der Verbandszeitschrift des Gewerkvereins. Eine möglichst effiziente Interessenvertretung der Arbeiter, darauf kam es ihm auch als Journalist an (siehe Text unten).

Bereits im April 1927 übernahm Groß die Chefredaktion der WAZ. Mit einer Auflage von 170000 Exemplaren war sie in ihrem Verbreitungsgebiet die bedeutendste nicht-sozialistische Arbeiterzeitung. Und gegen Ende der 20-er Jahre drängte sich ein Thema in den Vordergrund: die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.

Bereits 1929 erkannte Groß die NSDAP als den gefährlichsten Gegner der Weimarer Republik. Sie war für ihn antichristlich, arbeiterfeindlich, diktatorisch und kriegstreibend. Die grundsätzliche weltanschauliche Gegnerschaft zum Nationalsozialismus verhinderte aber nicht, dass sich die tagespolitische Beurteilung im Detail auch täuschen konnte: So etwa nach dem Sturz von Reichskanzler Brüning (30.5.1932), als Groß, wie weite Teile der Zentrumspartei, nun die NSDAP für "zähmbar" hielt, die sich durch politische Verantwortung "mäßigen" ließe - ähnlich wie die SPD nach der Revolution 1918. Ein anderes Beispiel sind die Reichstagswahlen vom November 1932, bei denen die NSDAP über zwei Millionen Stimmen verlor. Zum Jahreswechsel 1932/33 kommentierte Groß: Der Nationalsozialismus "flutet wieder zurück". Entsprechend überrascht wurde die WAZ von der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler einen Monat später am 30. Januar 1933.

Nach der Machtergreifung wurde der Maulkorb für die WAZ langsam, aber stetig immer enger. Im Laufe der Jahre folgten drei Erscheinungsverbote und fünf Beanstandungen. Die WAZ, 1935 umbenannt in "Ketteler-Wacht" (KW), wurde zunehmend aus der tagesaktuellen Publizistik herausgedrängt, musste sich auf Angelegenheiten der KAB beschränken. Für Nikolaus Groß blieb nur noch die Tarnung, die Kunst, zwischen den Zeilen zu schreiben, so dass ein unmittelbarer Bezug zur Tagespolitik nicht sichtbar wurde. Über religiöse Themen, Erinnerung an historische Vorgänge oder die Verwendung von literarischen Zitaten sollten die Leser immunisiert werden gegen die nationalsozialistische Ideologie und bestärkt werden in ihrer Treue zum Glauben. So zitierte Groß im Frühjahr 1933 nach ersten Ausschreitungen gegen Juden aus einem Fastenhirtenbrief von Bischof Ketteler von 1871, in dem dieser sich für religiöse Toleranz aussprach. Der kundige Leser wusste, was gemeint war.

Das endgültige Aus für die Ketteler-Wacht kam im November 1938 in Form einer Lappalie: Der Arbeiterverein aus Düsseldorf-Oberbilk legte 30 Exemplaren der KW (von insgesamt 81000) Einladungen zum Eucharistischen Weltkongress in Budapest bei. Die Teilnahme war aber deutschen Katholiken verboten. Nach dem Verbot konzentrierte sich Groß publizistisch auf die Herausgabe religiöser Kleinschriften. So lange, bis ihm auch diese Möglichkeit genommen wurde: 1941 wurde die Papierzuteilung an das Ketteler-Haus eingestellt.

Martin Schirmers
Ruhrwort, 21.7.2001

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