7th October 2008:

Aufbruch durch Bildung - Bildung durch Aufbruch

Pontifikalamt im Dom zu Niederwenigern mit Bischof Dr. Felix Genn

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Bild links: Hermann-Josef Schepers

Mit einem feierlichen Pontifikalamt erinnerte die katholische Arbeitnehmerbewegung im Ruhrgebiet im 50. Jubiläumsjahr des Bistums Essen an den 7. Jahrestag der Seligsprechung von Nikolaus Groß und an seinen 110. Geburtstag am 30. September 1898. Der Gottesdienst war gemeinsam mit dem Nikolaus-Groß-Abendgymnasium vorbereitet worden. Musikalisch gestaltet wurde er vom KAB Chor Essen-Altendorf.

In seiner Einleitung bezeichnete der stellvertretende Vorsitzende der KAB im Ruhrbistum, Hermann-Josef Schepers, Nikolaus Groß als einen Mann des Aufbruchs, der sich in Abendkursen weitergebildet habe, um sich dann für die Interessen seiner Kollegen in Kirche und Gesellschaft einzusetzen.

Der Aufbruch des Menschen zu unterschiedlichen Zeiten der Geschichte und der biblischen Überlieferung stand auch im Mittelpunkt der Predigt des Ruhrbischofs. Im Jahre des Aufbruchs für das Bistum Essen betonte er seine Verbundenheit mit der KAB, die - dem Erbe des Seligen Nikolaus Groß verpflichtet - gemeinsam mit vielen anderen Sozialverbänden im Bistum Essen für soziale Gerechtigkeit eintrete. Das Bistum Essen - so der Bischof von Essen - wurde geprägt von Männern und Frauen wie Nikolaus Groß. Es wird auch in Zukunft ein soziales Bistum sein. Er appellierte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gottesdienstes, das Bistum bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben auch in Zukunft weiterhin zu unterstützen.

Mit der Wahl des Leitwortes "Leben im Ausbruch" - so der Bischof - steht das Bistum Essen in einer langen biblischen Tradition. Christlicher Aufbruch ist kein theoretisches Konzept, es wird vielmehr in der konkreten Biographie von Menschen sichtbar und erfahrbar.

Drei Persönlichkeiten zeigen exemplarisch das Wagnis und die Chance eines Aufbruchs in unterschiedlichen Lebensabschnitten:

Da ist Abraham, ein Mann im Alter von 75 Jahren, da ist die Gottesmutter Maria, ein junges Mädchen aus Nazareth in Galiläa und da ist schließlich Nikolaus Groß, ein Mann im mittleren Alter aus dem 20. Jahrhundert nach Christus.

Bild links: Bischof Dr. Felix Genn

In der Lesung aus Genesis hören wir, dass Abraham im Vertrauen auf die Zusage Gottes aufbricht, seine Heimat in Ur/Chaldäa im heutigen Irak verlässt und in hohem Alter in das Land zieht, "das ich Dir zeigen werde". Obwohl seine Frau Sarah unfruchtbar ist, vertraut Abraham der Zusage einer großen Nachkommenschaft. Als Zeichen der Dankbarkeit für die "unmögliche" Zusage Gottes und im Vertrauen auf die Zukunft baut Abraham einen Altar.

Heute berufen sich alle Weltreligionen, Juden, Christen und Muslime auf ihn, den alten Mann aus Ur, der auf die Zusage Gottes vertraute und aufbrach.

Aufbruch kennzeichnet auch das Leben von Maria. Sie lebt als junges Mädchen fernab und völlig unbeachtet abseits von den Machtzentren ihrer Zeit. Sie vertraut auf die Zusage, dass sie als Jungfrau ein Kind empfangen wird. Sie wird die Mutter Gottes und die Mutter der Glaubenden in der Kirche.

Auch Nikolaus Groß steht in dieser Tradition des Aufbruchs. Er vertraut Gott auch in den letzten Tagen seines Lebens. Wenn Nikolaus Groß sagt "Wenn wir heute nicht unser Leben einsetzen, wie sollen wir dann vor Gott und unserem Gewissen einmal bestehen", dann bringt er damit am Vorabend des Attentates auf Hitler sein tiefes Gottvertrauen zum Ausdruck. Und in seinem Abschiedsbrief spricht er davon, wie es "durch das Gebet in mir still und friedlich geworden ist."

Sein Martyrium am Galgen von Plötzensee ist ein Ausdruck des tiefen Vertrauens auf die Zusage Gottes auch in Leid und Tod.

Dieses Vertrauen verbindet ihn mit der Trauer und dem Leid Marias unter dem Kreuz.

Beide Gestalten der Kirchengeschichte sind im Zeichen des Aufbruchs verbunden mit dem 75jährigen Abraham aus Ur in Chaldäa.

Die Lebensbilder von Menschen, die bereit sind, das Wagnis des Aufbruchs auf sich zu nehmen, sind prägend und vorbildhaft für ein Bistum, das den Aufbruch in die Zukunft wagt.

Soziale Verantwortung und Solidarität mit den Schwachen sind Leitbilder, die das Lebenswerk von Nikolaus Groß und den Auftrag des Bistums in unterschiedlicher Zeit gemeinsam kennzeichnen. Nicht der Glaube an Ideologien, an den Nationalsozialismus und den Kommunismus im 20. Jahrhundert und an die ungezügelten Kräfte des Marktes in heutiger Zeit können für uns maßgebend sein, sondern das Vertrauen auf die Liebe Gottes. Dabei vertrauen wir - so unser Bischof abschließend - darauf, dass Menschen wie Abraham, die Gottesmutter Maria und der Selige Nikolaus Groß uns als Glaubende auf diesem Weg begleiten werden.

Am Ende des Gottesdienstes segnete der Bischof eine Ikone von Nikolaus Groß, die von Frau Lange, einer Ikonenmalerin aus der Pfarrgemeinde St. Mauritius gefertigt wurde.


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