24. Juni 2005:

Der Selige, der kein Kirchenrebell sein wollte

Eine Publikation über Nikolaus Groß

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Von Angelika Wölk

Bernhard Groß hat seinen Vater Nikolaus kaum richtig kennengelernt. Er war gerade elf, als die Nazis Nikolaus Groß aus Niederwenigern in Berlin-Plötzensee als Widerstandskämpfer ermordeten. Er war 49, als Papst Johannes Paul II. ihn 2001 selig sprach. Der Sohn hat sich ein Leben lang mit seinem Vater auseinandergesetzt. Heute sagt er:

"Wäre er nicht mein Vater, ich wäre ein Fan von ihm."

Bernhard Groß hat mit dem Mülheimer Stadtdechanten Manfred von Schwartzenberg eine umfangreiche Publikation über den ersten Seligen des Ruhrbistums vorgestellt. Sie zeichnen ein sehr warmherziges Bild von ihm, dem Bergmann, dem Chefredakteur der Westdeutschen Arbeiterzeitung der Katholischen Arbeiterbewegung, dem Gewerkschafter, der sich schließlich dem Widerstand anschloss. Nach dem fehlgeschlagenen Attentat auf Hitler am 20, Juli 1944 wird er verhaftet, am 15. Januar 1945 zum Tode verurteilt. Das Heft erzählt viel über seine Beweggründe für den Widerstand. Für Groß war der katholische Glaube unvereinbar mit den Zielen der Nationalsozialisten. "Wenn von uns etwas verlangt wird, was gegen Gott oder den Glauben geht, dann dürfen wir nicht nur, dann müssen wir den Gehorsam (gegen Menschen) ablehnen", schrieb er 1943. Mit dem Hitler-Regime sei dieser Zustand erreicht.

Aber das Heft gibt auch tiefe Einblicke in das Familienleben des siebenfachen Vaters, seine Sorge, Kinder und Ehefrau wegen seiner Überzeugungen in Gefahr zu bringen. Das Büchlein schlägt einfühlsam eine Brücke in unsere Zeit. Bilder von damals korrespondieren mit heutigen. So zeigen Fotos die Familie Groß, die so viele Probleme hatte, auf der nächsten Seite wird Arbeitslosigkeit als Problem heutiger Familien angesprochen. Und weil Nikolaus Groß ein Seliger ist, nähern sich ihm die Autoren auch über Meditationen, erklärt Paul Hoffacker, Vorsitzender des Initiativkreises Nikolaus Groß. Dieser hat die Veröffentlichung ermöglicht.

Auf die Frage, ob Bernhard Groß seinen Vater als Rebellen sieht, der gegen eine auch von der damaligen Kirche anerkannte staatliche Ordnung verstieß, sagt er fest: "Nein. Er war kein Umstürzler, er war ein Journalist. Er hat denen seine Stimme gegeben, die nicht reden konnten."

Zu beziehen ist das Heft gegen eine Gebühr von 5 Euro im Bischöflichen Generalvikariat, Zwölfling 16, 45127 Essen, Tel. 0201-2204 260

WAZ Nr. 144 vom 24. Juni 2005


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