6. Februar 2004:

Eine Kapelle im Dom für Nikolaus Groß

Noch in diesem Jahr soll die Gedenkstätte für den ersten Seligen des Bistums vom Künstler Thomas Kesseler errichtet werden

[Back]

Das Modell von Thomas Virnich (links) sieht im Zentrum eine Nikolaus-Groß-Plastik am Tisch als verlorene Form vor. - Bei Gabriele Wilpers (Mitte) verwandelt sich der Küchen-/Arbeitstisch in eine Kreuzkonstruktion. - Egbert Verbeek (rechts) zitiert auf Gold aus Groß' Abschiedsbrief; die Fenstergestaltung weckt Assoziationen an Plötzensee. Fotos: Martin Schirmers

Voraussichtlich noch in diesem Jahr erhält der Essener Dom in der rechten Seitenkapelle eine Gedenkstätte für den seligen Nikolaus Groß. Das sagte jetzt Dompropst Günter Berghaus bei einer Pressekonferenz, auf der die Modelle zur Gestaltung der Kapelle vorgestellt wurden. Einstimmig hatten sich Jury und Domkapitel für den Entwurf des Düsseldorfer Architekten und Künstlers Thomas Kesseler entschieden (s. RW 5, Seite 1). Berghaus hofft, dass auch die übrigen hochkarätigen Arbeiten im Bistum Essen verwirklicht werden können.

Die Herausforderung des Wettbewerbs bestand nach Berghaus darin, kein "Denkmal" zu errichten. Gefragt war in der Ausschreibung die Gestaltung einer "begehbaren Kapelle unter dem Anspruch zeitgenössischer Kunst, deren erste Aufgabe die Verehrung" sei. Das Zeugnis von Nikolaus Groß sei ohne den Rückhalt seiner Familie, insbesondere seiner Frau Elisabeth, nicht denkbar. Deshalb sollte auch diese "Kraftquelle" in den Arbeiten Ausdruck finden. Schließlich galt es, das Spannungsverhältnis zur linken Seitenkapelle im Dom mit der Goldenen Madonna auszuhalten.

Thomas Kesselers Entwurf sieht eine fast puristisch gestaltete Kapelle vor. Hell ausgestrichen, fällt zunächst die ungeglättete Bronzebüste in der Apsis auf, die nicht im geometrischen Zentrum angebracht ist. Das erinnert an klassische Kreuzigungsbilder mit Maria und Johannes unter dem Kreuz. Die Büste ist auch nicht durchgängig porträthaft gearbeitet, wenngleich sie einzelne Züge des Seligen erkennen lässt. So verwickelt Kesseler den Betrachter in eine Meditation über Vorbild und Vollendung. Anhaltspunkte dafür bieten an der linken Seitenwand drei gestaffelt angebrachte, schraffierte Glasscheiben: Sie dokumentieren handgeschriebene Zeilen von Nikolaus Groß, einen Auszug seines Abschiedsbriefes an die Ehefrau, Fotos seiner Familie und der Hinrichtungsstätte in Plötzensee. ms

In Kürze sind die Modelle im Essener Rathaus zu sehen, im Sommer dann in der Bank im Bistum Essen.

Die Arbeit von Irmhild Sellhorst (Bild unten links) besteht aus einer Plexiglas-Installation mit Text- und Foto-Dokumenten, die die Apsis der Seitenkapelle mit einbezieht. - Der siegreiche Entwurf von Thomas Kesseler (Bild oben) zeigt eine unfertige, ungeglättete Bronzebüste (Bild unten rechts), die an der Seitenwand um Texte und Bilder ergänzt wird. - Den Kapelleneingang verkleinert Thomas Jessen (mittleres Bild unten) durch eine Glaskonstruktion; in der Kapelle dominiert an den Wänden ein Bilderfries.

Fotos: Martin Schirmers

Aus: Ruhrwort, Ausgabe 06/2004 vom 07.02.2004


[Back]